Die Grenze zwischen Leben und Tod ist nicht nur medizinisch-pflegerisch nicht ganz so einfach zu ziehen. Oelke (2010b) schreibt in einem Zitat: „Wer im Gedächtnis seiner Freunde weiterlebt, der ist nicht tot“. Solche Vorstellungen sind mehr als ein Trost. Sie spiegeln ein Verständnis von Tod und Sterben. Die Autorin Allende geht mit einer ganz persönlichen Art und Weise mit dem Verlust ihrer Tochter um und schreibt die Geschichte für ihre Tochter „Paula“, die so in ihrer Erinnerung weiterlebt. Man kann daraus schlussfolgern, dass jeder Mensch sein eigenes subjektives Empfinden, Wahrnehmen und Beobachten zum Trauer- und Sterbeprozess hat. Dies lässt sich nicht auf jeden einzelnen Menschen übertragen. Für professionell Pflegende gilt jedoch, bei aller Fürsorge, eine reflektierende Haltung zum Thema Sterben, Tod und Trauer einzunehmen .
Diese Hausarbeit versucht kritisch und konstruktiv dieses sensible Thema zu analysieren.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Die letzte Lebensphase
2.1 Das Sterben
2.2 Dimensionen des Sterbens
2.3 Symptome in der Finalphase
3 Passive Sterbehilfe als Form der Sterbebegleitung
4 Riten und Bräuche aus religiöser Sicht
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Dimensionen des Sterbens aus der Perspektive von Allende
1 Einleitung
In einem Auszug aus dem Roman „Paula“ beschreibt die Autorin Isabel Allende die letzte Lebensphase ihrer Tochter Paula. Paula wurde 1963 geboren1. Sie starb am 06.12.1992 in Kalifornien. Um ihre Hoffnung nicht zu verlieren, schrieb die Autorin der Tochter zur Erinnerung und um sich selbst zu trösten den Roman „Paula“2. Die Autorin verbringt bei ihrer Tochter ein halbes Jahr am Krankenbett in Madrid. Aufgrund der Prognosen sahen die Ärzte für die Tochter keine Überlebenschance mehr3.So beschreibt die Autorin die letzte Lebensphase ihrer Tochter, in der Gewissheit, dass das Therapieziel nicht mehr die Heilung der Erkrankung führt. In der letzten Lebensphase verändert sich auch die Grundhaltung der Pflege und Medizin. Hierbei wird auch das Ziel der Lebensverlängerung verfolgt4. Die Autorin wollte für ihre Tochter keine weiteren Untersuchungen mehr. Sie hat ihre Tochter nach einem halben Jahr im Krankenhaus deshalb zur Pflege nach Hause geholt5.
2 Die letzte Lebensphase
Die letzte Lebensphase unterscheidet Mache (2019) in Abhängigkeit davon, wie weit der Tod noch entfernt ist6. Mit dem Koma ist bei Paula frühzeitig die Bettlägerigkeit eingetreten7,8. So lassen sich die folgenden Phasen bei ihr nur schwer auseinanderhalten. Die Rehabilitationsphase beginnt, wenn eine fortschreitende Krankheit als nicht mehr heilbar eingestuft wird. Sie verfolgt das Ziel, die Lebensqualität eines Erkrankten bestmöglich zu erhalten9. Die Rehabilitationsphase in Allendes Roman könnte man wie folgt ableiten: „[…] wir bereiteten die Wanne vor, um sie zu baden […] legten ihre Kleidung für den Tag […] wie wir es jeden Morgen taten.“10 Die Sterbephase wird unterschieden in Terminalphase und Finalphase. Die Terminalphase umfasst die letzten Tage vor dem Tod11. Allendes Roman kann hierzu wie folgt interpretiert werden: „[…] Der Tod kam mit leisem Schritt. Paulas Sinne waren in den vergangenen Wochen einer nach dem andern ausgefallen.“12 Und zuletzt die Finalphase, die die letzten 72 Stunden des Lebens beschreiben. Dies wird der eigentliche Sterbeprozess bezeichnet, in dem die Körperfunktionen immer weiter abnehmen (vgl. Tabelle 1), bis der Tod eintritt13. Zitat zur Todeszeit: „Am Sonntag, den 6. Dezember, [...] starb Paula.“ Es war vier Uhr früh.“14
2.1 Das Sterben
Die Autoren beschreibt das Sterben ihrer Tochter in sehr bewegenden Worten, wie z. B.: „[…] seit einiger Zeit schon, fühlte ich das Ende nahen; ich wusste es […]“, „Sie entfernte sich unaufhaltsam […]“, „[…] aber schlimmer noch war es, sie langsam dahinsterben zu sehen.“15 Oelke (2010b) verweist, dass wie das Geborenwerden, das Sterben zum Verlauf des Lebens gehört. Am Ende steht der Tod, als Zusammenbruch aller Organsysteme16. Wann Sterben beginnt, ist eine philosophische Betrachtung. Paula starb im Höhepunkt ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, die Menschen im Alter von 20 bis 30 Jahren erreichen17. Paula wurde nur 28 Jahre alt. Im Dezember 1991 wurde bei ihr Porphyrie, eine Stoffwechselkrankheit, diagnostiziert. Nach einem Gehirnschaden, fiel sie ins Koma, als Ärzte ihr ein falsches Medikament verabreichten18. Dies ist beschrieben im Auszug aus dem Roman „Paula“: „[…] sie hat die Arznei des Todes getrunken.“19 Nur wenige Menschen erleiden einen plötzlichen Tod20. Doch Paula ist nicht plötzlich verstorben, sondern aufgrund eines Fehlers auf der Intensivstation in Madrid in ein Koma gefallen, aus dem sie nicht mehr erwachte21. Diese Definition der letzten Lebensphase, dass Menschen aufgrund einer Erkrankung oder eines Zustandes mit ihrem baldigen Tod konfrontiert werden, wird in den folgenden Kapiteln näher beschrieben. Dies kann eine Zeitspanne von Stunden, aber auch von Jahren betreffen22.
2.2 Dimensionen des Sterbens
Sterben kann man in vier Dimensionen unterteilen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln des Erlebens und Verarbeitens eines Menschen zu betrachten sind23, wie z. B. die eines Sterbenden, wie es Oelke (2010b) beschreibt24 oder die der Angehörigen, wie es z. B. die Sichtweise der Autorin Frau Allende ist25 26 27.
Tabelle 1 : Dimensionen des Sterbens aus der Perspektive von Allende
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Symptome in der Finalphase
Folgende Anzeichen können auf die Finalphase hindeuten, wie z. B. vermehrte Teilnahmslosigkeit, Bewusstseinslagen28, wie tiefer Schlaf (Sopor) und tiefer, fester Schlaf (Koma). Im Unterschied zu Sopor beschreibt Koma einen Zustand, dass durch das Setzen stärkster äußerer Reize der Sterbende nicht erweckbar ist29. „[…] sie reagierte nicht, wenn wir sie berührten oder bewegten“30, beschreibt die Autorin das Koma, einen Zustand, der mit dem baldigen Tod einhergehen wird, als eine Bewusstseinseintrübung31 wie folgt, „[…] dass sie in einen anormal tiefen Schlaf, eher eine Ohnmacht gesunken war […] ihre Brust hob sich kaum noch, in immer langsameren Atemzügen.“32 Die Symptome sind tiefe, unregelmäßige Atmung mit langen Pausen, Dyspnoe33, d. h. Atemnot, erschwerte Atmung34. „Paula war schimmernd weich, weiß, durchsichtig […] und so kalt.“35 Es sind Anzeichen, wie z. B. kalte Füße und Hände mit schwacher Durchblutung und bleiche „wächserne“ Haut36.
3 Passive Sterbehilfe als Form der Sterbebegleitung
Die in Kapitel 2.3 belastenden Symptome, gilt es in der Sterbebegleitung zu lindern. Allende geht in ihrem Roman auf Schmerzen, der Haut- / Körperpflege und der Möglichkeit zu einer Atemunterstützung näher ein. Bei der Sterbebegleitung sind aber auch Ernährungs- / Flüssigkeitszufuhr sowie eine Mundpflege sehr wichtig. Dies gilt es, von Pflegenden zu beachten37. Die Ärzte konnten jedoch der Autorin nicht versichern, dass Paula nicht immer keine Schmerzen spürte38. In der Finalphase bestätigte aber die Ärztin, dass sie bei Paula keine Anzeichen von Schmerzen feststellen kann. „Ihr Leben endete ohne Kampf, ohne Angst und ohne Schmerz […]“. Die Ärztin empfahl der Autorin aber, für Paula „eine Krankenschwester kommen zu lassen und Sauerstoff zu besorgen“, denn „es sehe aus wie eine Gehirnblutung […]“. Die Familie war sich aber von Anfang an einig zu Paulas Agonie39, d. h. das Vorstadium des Exitus letalis in der Sterbephase40, nicht zu verlängern, sondern diese nur zu erleichtern.41 Sie erwogen, passive Sterbehilfe zu leisten. In Deutschland definiert man „Passive Sterbehilfe“, als den Verzicht auf eine Therapie bzw. den Abbruch einer bereits begonnen Therapie. Wie in Paulas Fall, muss auch in Deutschland ein Mediziner hinzugezogen werden, um die sicheren Todeszeichen festzustellen, den Leichenschauschein / Totenschein auszustellen und damit den offiziellen Tod urkundlich zu dokumentieren42. Daher steht auch im Auszug des Romans, „Die Ärztin setzte sich rücksichtsvoll neben den Kamin, um zu warten […].43
[...]
1 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1
2 Allende (1994): S. 3, 8
3 Schnellnberger (2001): S. 7
4 Mache (2019): S. 474
5 Schnellnberger (2001): S. 7
6 Mache (2019): S. 474
7 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1
8 Allende (1994): S. 3
9 Mache (2019): S. 474
10 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1
11 Mache (2019): S. 474
12 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1
13 Mache (2019): S. 474
14 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1
15 ebenda S. 1
16 Oelke (2010b): S. 74
17 Mache (2019): S. 474
18 Starkmann (1995)
19 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 5
20 Mache (2019): S. 474
21 Starkmann (1995)
22 Mache (2019): S. 474
23 ebenda: S. 475
24 Oelke (2010b): S. 74
25 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 3
26 Oelke (2010b): S. 74
27 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1, 3, 4f
28 Oelke (2010b): S. 88
29 Oelke (2010a): S. 430
30 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1
31 Oelke (2010a): S. 88
32 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 1, 4f
33 Oelke (2010b): S. 88
34 Oelke (2010a): S. 368
35 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 4
36 Oelke (2010b): S. 74
37 ebenda: S. 89-92
38 Starkmann (1995)
39 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 3
40 Pschyrembel Online (2020)
41 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 3
42 Oelke (2010b): S. 74, 100
43 BiZeP - Bildungszentrum für Pflege (2020): S. 3
- Quote paper
- Anja Luther (Author), 2020, "Paula" von Isabel Allende. Eine Textbewertung aus pflegerischer Perspektive, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1140840