Innerhalb der Linguistik existieren verschiedene Ansätze zur Betrachtung von
Texten. Der konversationsanalytische Ansatz behandelt Texte als Träger
sprachlicher Interaktion unter Einbeziehung von Beschreibungskonstrukten aus der
Sprechakttheorie. Beim textlinguistischen Ansatz werden Texte unter dem Blickpunkt
des Struktur- und Formkontrastes analysiert und beschrieben. Der
psycholinguistische Ansatz betrachtet Texte im Hinblick auf den Sprecher als
Sprachplaner und -erzeuger, wobei Wissensvoraussetzungen und textspezifische
prozesssteuernde Faktoren eine Rolle spielen. (Stutterheim/Kohlmann 2003)
Die Sprachproduktion ist ein vernachlässigtes Teilgebiet der Psycholinguistik,
besonders gilt dies für die Textproduktion, denn es existiert kein einziges
ausgearbeitetes Modell für den gesamten Textproduktionsprozess aus
psycholinguistischer Sicht. Es gibt allenfalls Untersuchungen über einzelne
Prinzipien und Prozesse der Textproduktion. (Herrmann/Hoppe-Graff 1989) Daher ist
es schwierig eine umfassende Behandlung dieses Teilgebietes zu liefern.
In dieser Arbeit ist von Interesse, welche Herausforderungen sich dem
Sprachproduzenten bei der Äußerung komplexer sprachlicher Einheiten – über die
Wort- und Satzplanung hinaus – stellen. Welche kognitiven Prozesse finden bei der
Planung von Texten (vor allem auf makrostruktureller Ebene) statt? Ein Text ist in
diesem Zusammenhang als satzübergreifende komplexe sprachliche Äußerung zu
verstehen. (Stutterheim/Kohlmann 2003) Dabei soll vernachlässigt werden, ob es
sich um schriftlich oder mündlich produzierte Texte handelt. Vor allem der Aspekt der
Adressatenorientierung und der Kohärenzherstellung sind in dieser Arbeit von
Bedeutung.
Zunächst möchte ich ein allgemeines Sprachbenutzermodell einführen, welches die
grundlegenden kognitiven Prozesse der Sprachproduktion behandelt. Anschließend
werden kurz zwei Beschreibungsmodelle kognitiver Aspekte der Textproduktion
dargestellt. Darauf aufbauend sollen dann Stufen der Textproduktion in Anlehnung
an Herrmann und Hoppe-Graff (1989) ausführlich behandelt werden. Und schließlich
möchte ich Textordnungsprobleme, welche Feilke (1988) aufzeigt, behandeln, mit
welchen ein Textproduzent über die Planung einzelner Sätze hinausgehend
konfrontiert wird. Zur Veranschaulichung sollen schlussendlich die zuvor
herausgearbeiteten Prinzipien und Prozesse am Beispiel der Produktion einer
Erzählung betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Psycholinguistische Aspekte der Sprachproduktion - Das Sprachbenutzermodell
- Modelle zur Beschreibung psycholinguistischer Aspekte der Textproduktion
- Beschreibungsmodell von Kintsch
- Story-Grammar von Rummelhart
- Zusammenfassung: Aussage der Modelle über psycholinguistische Aspekte der Textproduktion
- Stufen der Textproduktion
- Fokussierung
- Selektion und Linearisierung
- Enkodierung
- Textordnungsprobleme
- Kognitive Aspekte der Textproduktion am Beispiel des Erzählens
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit den kognitiven Anforderungen der Textproduktion aus psycholinguistischer Perspektive. Sie untersucht die Prozesse, die bei der Planung und Produktion von Texten stattfinden, insbesondere auf makrostruktureller Ebene. Dabei werden die Herausforderungen für den Sprachproduzenten bei der Äußerung komplexer sprachlicher Einheiten, die über die Wort- und Satzplanung hinausgehen, beleuchtet.
- Sprachbenutzermodell und seine Anwendung auf die Textproduktion
- Beschreibungsmodelle der Textproduktion (Kintsch, Rummelhart)
- Stufen der Textproduktion (Fokussierung, Selektion, Linearisierung, Enkodierung)
- Textordnungsprobleme und ihre Bewältigung
- Kognitive Prozesse bei der Produktion von Erzählungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Textproduktion aus psycholinguistischer Sicht ein und erläutert die Relevanz des Themas. Sie stellt die Forschungsfrage nach den kognitiven Prozessen bei der Planung von Texten und skizziert den Aufbau der Arbeit.
Das zweite Kapitel stellt das Sprachbenutzermodell vor, welches die kognitiven Prozesse der Sprachproduktion und -rezeption beschreibt. Es werden die einzelnen Sprachverarbeitungsmodule und ihre Funktionen erläutert, sowie die Rolle von Sprachkenntnissen und Gedächtnisprozessen.
Im dritten Kapitel werden zwei Beschreibungsmodelle der Textproduktion vorgestellt: das Modell von Kintsch und die Story-Grammar von Rummelhart. Diese Modelle beleuchten die Tiefenstruktur von Texten und ihre psychologischen Auswirkungen.
Das vierte Kapitel behandelt die Stufen der Textproduktion, die sich an Herrmann und Hoppe-Graff (1989) orientieren. Es werden die Prozesse der Fokussierung, Selektion und Linearisierung sowie der Enkodierung detailliert beschrieben.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit Textordnungsproblemen, die Feilke (1988) aufzeigt. Es werden die Herausforderungen für den Textproduzenten bei der Planung von Texten über die Planung einzelner Sätze hinausgehend behandelt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Textproduktion, Psycholinguistik, Sprachbenutzermodell, Textplanung, Textstruktur, Textordnungsprobleme, Erzählung, Kognition, Sprachproduktionsprozesse, Sprachkenntnisse, Gedächtnisprozesse, Tiefenstruktur, Story-Grammar, Fokussierung, Selektion, Linearisierung, Enkodierung.
- Quote paper
- Christin Kießling (Author), 2006, Psycholinguistik, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/113101