Seitdem der früher obligate Kraft- oder Halteteil nicht mehr als Bestandteil einer vollwertigen Barrenübung gefordert wird, hat sich eine weitere Verlagerung des Barrenturnens zum Schwunggerät ergeben. Die meisten Fertigkeiten sind daher Schwungteile, die entweder mit einem Schwingen im Langhang, im Kipphang, im Oberarmhang oder im Stütz verbunden sind. Alle Arten des
Schwingens - besonders aber das Schwingen im Stütz und im Oberarmhang - setzen voraus, dass der Turner über eine ausreichende Stützkraft verfügt.
Michael Westerberg 28. Juni 2001
Stemm-Aufschwung
Aufstemmen beim Vorschwung und Rückschwung
1.1 Bewegungsbeschreibung/Technikanalyse
Der Stemmaufschwung vorwärts
Aus dem Schwingen im Oberarmhang wird der Körper im Vorschwung in den Stütz gestemmt. Die Arme liegen dabei im Querhang auf den schulterbreit eingestellten Holmen. Der Winkel im Ellenbogengelenk sollte dabei größer als 90° sein und die Hände von oben die Holme fassen. Das Aufstemmen wird mit leichter Überstreckung im Hüftgelenk und energischem Vorhochschwingen der Beine nach der Senkrechten eingeleitet (Hüftwinkel).
Der Körperschwerpunkt nähert sich der Drehachse an. Durch diese „Pendelverkürzung“ erfolgt eine Vergrößerung der Drehgeschwindigkeit. In Holmenhöhe wird der Beinschwung abgebremst. Es erfolgt eine Impulsübertragung auf den Oberkörper. Während des Abbremsens drücken die Arme kräftig von den Holmen ab, so dass der Körper in den Stütz gelangt. Um einen weiten und hohen Rückschwung anschließen zu können, wird der Hüftwinkel am Ende der Stemmbewegung wieder gestreckt.
Der Stemmaufschwung rückwärts
Der Stemmaufschwung rückwärts ist allgemein unter der Bezeichnung „Schwungstemme rückwärts" bekannt. Aus einem hohen Vorschwung im Oberarmhang wird ein energischer Rückschwung mit leichter Hüftwinkelung angesetzt. Bei Durchschwingen der Senkrechten erfolgt ein aktives Rückführen der Beine zur Überspannung im Lendenbereich (Schnepper). Gleichzeitig beginnt die Stemmarbeit der Arme, während die Schulter etwas nach vorn verlagert wird. Die Überspannung im Lendenbereich wird im Verlauf der Stemmphase zurückgenommen. Der Stemmaufschwung rückwärts soll so hoch wie möglich geturnt werden, mindestens jedoch mit den Beinen über Holmenhöhe. Das Ziel für den Leistungsturner ist der Stemmaufschwung in den Handstand.
1.2 Bildreihe
Abbildungen sind in der Leseprobe nicht enthalten.
2. Methodik
2.1 Lernvoraussetzungen
Das Barrenturnen ist gekennzeichnet durch Fertigkeiten aus ,,Schwung, Flug und Statik". Gemäß Wertungsbestimmungen im internationalen Wettkampfturnen „sollen die Schwungteile vorherrschen".
Seitdem der früher obligate Kraft- oder Halteteil nicht mehr als Bestandteil einer vollwertigen Barrenübung gefordert wird, hat sich eine weitere Verlagerung des Barrenturnens zum Schwunggerät ergeben.
Die meisten Fertigkeiten sind daher Schwungteile, die entweder mit einem Schwingen im Langhang, im Kipphang, im Oberarmhang oder im Stütz verbunden sind. Alle Arten des Schwingens - besonders aber das Schwingen im Stütz und im Oberarmhang - setzen voraus, dass der Turner über eine ausreichende Stützkraft verfügt.
2.1.1. konditionelle und koordinative Vorraussetzungen
Die Stützfähigkeit ist abhängig von der Armmuskulatur und der Beschaffenheit bzw. Ausbildung des Schultergürtels. Übungen zur Verbesserung oder Überprüfung der Stützfähigkeit stehen deshalb am Anfang des Barrenturnens.
Der technisch richtig ausgeführte Schwung ist Voraussetzung für das Erlernen der nachfolgenden Grundfertigkeiten und der Schwierigkeitsteile im Hochleistungs-Turnen. Besonders das Schwingen im Stütz sollte deshalb mit der seiner Bedeutung zukommenden Intensität geübt werden.
Vorübungen:
- Aus dem Außenseitstand: Springen in den Stütz vorlings auf einem Holm.
- Springen in den Querstütz in der Holmengasse.
- Stützeln durch die Holmengasse. (Barren: brusthoch)
- Stützhüpfen durch die Holmengasse.
- Stützein durch die schräggestellte Holmengasse. (Hohes Ende des Barrens soll nicht höher als brusthoch sein.)
- Stützhüpfen durch die schräggestellte Holmengasse.
- Barren (brusthoch) mit vorgestelltem Reutherbrett oder Kastenoberteil:
Aus dem Anlauf, einbeiniger Absprung vom Brett oder Kasten, Vorschwingen der Beine zum Sitz auf einem Holm, Niedersprung.
- Wie zuvor: Aus einbeinigem Absprung mit Schwungbeineinsatz, Überschwingen eines Holmen, zunächst mit gebeugten, später mit gestreckten Beinen in die Schrittstellung. (Laufkehre)
2.1.2. technische Lernvoraussetzungen
Schwingen im Oberarmhang:
Das Schwingen zum Stemmaufschwung soll weniger durch Krafteinsatz als durch die eigene Körperschwere bestimmt werden. Der Abschwung wird allmählich durch starkes Ziehen aufwärts in den Stütz und darüber hinaus in den Handstand übertragen. Bei der Vollendung des Aufschwunges muß beachtet werden, dass zuerst das Gesäß möglichst hoch gebracht wird, damit durch das spätere Nachschwingen der Beine der Körper mit einer energievollen Streckung in den Stütz oder Handstand gelangen kann. Die Bewegung
darf nicht nach hinten, sondern muss nach obenführen.
Um die Beugung und Streckung in den Hüften besonders zu schulen, sind folgende Vorübungen zu empfehlen (hier am Beispiel des Rückschwingens): Beim Rückschwingen werden die Beine so zur Grätsche genommen, das man auf den Holmen sitzt, und zwar mit den Oberschenkeln dicht an den Händen. Die Übung steigern wir, indem diesmal die Füße auf den Holmen nahe bei den Händen aufgesetzt werden. man merkt, dass diese Übungen mir gelingen, wenn man das Gesäß beim Stemmschwung besonders hoch nimmt.
2.2. Lernschritte / Methodische Reihe
Stemmaufschwung vorwärts
1. Schwingen im Oberarmhang, Stemmaufschwung vorwärts mit Partnerhilfe in den Grätschsitz
2. Stemmaufschwung in der Barrenmitte mit schräggestellten Holmen (abwärts).
Nach mehrmaligem Schwingen im Oberarmhang Aufstemmen beim Vorschwung in den Stütz.
3. Stemmaufschwung vorwärts am Barrenende mit Bewegungsunterstützung.
4. Stirnhoher Barren mit vorgestelltem Reutherbrett: Anlauf und Absprung vom Reutherbrett zum Oberarmhang in der Barrenmitte. Die Beine werden im Vorschwung auf die Holme aufgegrätscht zum Liegehang rücklings
5. Wie oben, jedoch mit Nachdrücken der Arme zum Grätschsitz vor den Händen
6. Zielübung in der Barrenmitte.
Stemmaufschwung rückwärts
1. Oberarmhangschwingen in der Barrenmitte. Im Rückschwung durch Druck mit den Armen die Schultern kurz anheben und zum Vorschwung wieder auf die Oberarme ablegen. Oberarmschwingen am Barrenanfang mit Blick in die Holmengasse. Stemmaufschwung rückwärts mit Bewegungsunterstützung.
Hinweis zur Hilfestellung:2 Helfer stehen seitlich hinter dem Übenden auf Kästen und führen ihn durch Heben der Beine in den Stütz.
2. Stemmaufschwung in der Barrenmitte mit schräggestellten Holmen (abwärts).
Nach mehrmaligem Schwingen im Oberarmhang Aufstemmen beim Rückschwung in den Stütz.
3. Kopfhoher Barren mit vorgestelltem Reutherbrett: Aus kurzem Anlauf beidbeiniger Absprung zum Oberarmhang in der Barrenmitte, Vorschwung und hoher Rückschwung mit Schnepperschlag zum Niedersprung in der Holmengasse.
4. Wie zuvor, jedoch im Rückschwung die Arme zur völligen Streckung bringen und dann Niederspringen in die Holmengasse.
5. Zielübung in der Barrenmitte.
3. Hilfestellung der Zielübung
Zwei Helfer stehen seitlich auf kleinen Kästen (je nach Höhe der Holme) am Ende des Barrens und schieben den Übenden an Gesäß und Oberschenkel (Vorschwung) oder Becken und Oberschenkel (Rückschwung) in den Stütz. Wird die Übung in der Barrenmitte ausgeführt erfolgt die Hilfeleistung durch eine kurze Schubhilfe unter dem Holm hindurch am Oberschenkel.
Abbildung in der Leseprobe nicht enthalten.
4. Beispiele für Bewegungsverbindungen
· Stemmaufschwung vorwärts, Rücksenken auf die Oberarme, Stemmaufschwung rückwärts, Aufschwingen in den Oberarmstand
· Innenquerstand mit Ellgriff, Felgüberschlag in den Oberarmhang, Schwungstemme vorwärts, Rückschwung in den Handstand, Senken zur Stützkehre vorwärts in den Stütz, Unterschwung, Schwungstemme rückwärts, Übergrätschen durch den Beugestütz, Rückschwung zum Handstand, Oberdrehen in den Seithandstand, Ab- grätschen über beide Arme.
5. Beispielfehler/ Fehlerkorrektur
Tabelle in der Leseprobe nicht enthalten.
6. Literaturangaben
Gerhard Nolte: Gerätturnen - Handbuch der Grundfertigkeiten, Limpert Verlag, 1980, S.176ff.
Autorenkollektiv unter Leitung von Prof. Dr. G. Borrmann: Gerätturnen, Sportverlag Berlin, 1972, S.40ff.
Autorenkollektiv der Sektion Sportwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle: Gerätübungen, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1979, S.189ff.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Stemm-Aufschwung?
Der Stemm-Aufschwung ist eine Turnübung am Barren, bei der der Körper aus dem Schwingen im Oberarmhang in den Stütz gestemmt wird. Es gibt den Stemmaufschwung vorwärts und rückwärts.
Wie wird der Stemmaufschwung vorwärts ausgeführt?
Aus dem Schwingen im Oberarmhang wird der Körper im Vorschwung in den Stütz gestemmt. Die Arme liegen dabei im Querhang auf den Holmen. Das Aufstemmen wird mit leichter Überstreckung im Hüftgelenk und energischem Vorhochschwingen der Beine eingeleitet. Wichtig ist, dass der Körperschwerpunkt sich der Drehachse annähert und die Arme kräftig von den Holmen abdrücken.
Wie wird der Stemmaufschwung rückwärts ausgeführt (Schwungstemme rückwärts)?
Aus einem hohen Vorschwung im Oberarmhang wird ein Rückschwung mit leichter Hüftwinkelung angesetzt. Beim Durchschwingen der Senkrechten erfolgt ein aktives Rückführen der Beine (Schnepper). Gleichzeitig beginnt die Stemmarbeit der Arme, während die Schulter etwas nach vorn verlagert wird. Das Ziel ist, den Stemmaufschwung so hoch wie möglich zu turnen, idealerweise in den Handstand.
Welche Lernvoraussetzungen sind für das Barrenturnen wichtig?
Das Barrenturnen erfordert Fertigkeiten aus Schwung, Flug und Statik. Schwungteile sollten vorherrschen. Wichtig ist eine ausreichende Stützkraft, abhängig von der Armmuskulatur und dem Schultergürtel. Technisch richtig ausgeführter Schwung ist Voraussetzung für das Erlernen der Grundfertigkeiten und Schwierigkeitsteile.
Welche Vorübungen werden für das Barrenturnen empfohlen?
Empfohlene Vorübungen umfassen: Springen in den Stütz vorlings, Springen in den Querstütz, Stützeln und Stützhüpfen durch die Holmengasse, Stützein und Stützhüpfen durch die schräggestellte Holmengasse sowie Übungen mit einem Reutherbrett oder Kastenoberteil, um das Vorschwingen der Beine und das Überschwingen der Holme zu üben.
Was ist beim Schwingen im Oberarmhang wichtig?
Das Schwingen zum Stemmaufschwung sollte weniger durch Krafteinsatz als durch die eigene Körperschwere bestimmt werden. Der Abschwung wird durch starkes Ziehen aufwärts in den Stütz übertragen. Beim Aufschwung muss das Gesäß möglichst hoch gebracht werden, damit durch das Nachschwingen der Beine der Körper mit einer Streckung in den Stütz gelangen kann.
Welche Lernschritte/Methodische Reihen gibt es für den Stemmaufschwung vorwärts?
1. Schwingen im Oberarmhang, Stemmaufschwung vorwärts mit Partnerhilfe in den Grätschsitz. 2. Stemmaufschwung in der Barrenmitte mit schräggestellten Holmen (abwärts). 3. Stemmaufschwung vorwärts am Barrenende mit Bewegungsunterstützung. 4. Stirnhoher Barren mit Reutherbrett: Anlauf und Absprung zum Oberarmhang. 5. Wie oben, jedoch mit Nachdrücken der Arme zum Grätschsitz vor den Händen. 6. Zielübung in der Barrenmitte.
Welche Lernschritte/Methodische Reihen gibt es für den Stemmaufschwung rückwärts?
1. Oberarmhangschwingen in der Barrenmitte. Im Rückschwung durch Druck mit den Armen die Schultern anheben. 2. Stemmaufschwung in der Barrenmitte mit schräggestellten Holmen (abwärts). 3. Kopfhoher Barren mit Reutherbrett: Absprung zum Oberarmhang, Vorschwung und Rückschwung mit Schnepperschlag. 4. Wie zuvor, jedoch im Rückschwung die Arme zur Streckung bringen. 5. Zielübung in der Barrenmitte.
Wie erfolgt die Hilfestellung bei der Zielübung?
Zwei Helfer stehen seitlich am Barren und schieben den Übenden an Gesäß und Oberschenkel (Vorschwung) oder Becken und Oberschenkel (Rückschwung) in den Stütz. In der Barrenmitte erfolgt die Hilfe durch eine Schubhilfe unter dem Holm hindurch am Oberschenkel.
Welche Beispiele für Bewegungsverbindungen gibt es?
Beispiele sind: Stemmaufschwung vorwärts, Rücksenken auf die Oberarme, Stemmaufschwung rückwärts, Aufschwingen in den Oberarmstand oder komplexere Kombinationen mit Innenquerstand, Felgüberschlag, Schwungstemme, Handstand, Stützkehre, Unterschwung und Übergrätschen.
Wo finde ich weitere Informationen?
Weitere Informationen finden Sie in den Literaturangaben: Gerhard Nolte: Gerätturnen - Handbuch der Grundfertigkeiten, Limpert Verlag, 1980, S.176ff; Autorenkollektiv unter Leitung von Prof. Dr. G. Borrmann: Gerätturnen, Sportverlag Berlin, 1972, S.40ff; Autorenkollektiv der Sektion Sportwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle: Gerätübungen, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1979, S.189ff.
- Quote paper
- Michael Westerberg (Author), 2001, Stemm-Aufschwung - "Barren", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/109990