Ein Strand, eine scheinbar idyllische Szene, doch unter der Oberfläche brodelt es. Gabriele Wohmanns Kurzgeschichte "Der Antrag" entführt den Leser in ein subtiles психологisches Kammerspiel, in dem ein Heiratsantrag mehr als nur eine Frage der Liebe ist. Ein Direktor, selbstgefällig und auf finanzielle Sicherheit bedacht, umwirbt Fräulein Mack, eine Lehrerin, mit расчетlichen Argumenten. Er schildert ihr ein Leben in Wohlstand und Sicherheit, doch hinter den wohlformulierten Worten verbirgt sich eine emotionale Kälte, die die junge Frau zutiefst verunsichert. Gefangen zwischen dem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem gesellschaftlichen Druck, eine vernünftige Entscheidung zu treffen, ringt sie mit sich. Wohmann zeichnet ein beklemmendes Bild einer Beziehung, in der Liebe keine Rolle spielt, sondern расчет und Konventionen im Vordergrund stehen. Die spröde Sprache und die subtilen психологischen Feinheiten machen die Geschichte zu einem erschütternden Zeugnis einer Gesellschaft, in der die Vernunft über die Leidenschaft siegt. Die fehlenden Anführungszeichen verschärfen die Spannung, indem sie die Grenze zwischen Gesagtem und Gedachtem verschwimmen lassen und den Leser unmittelbar in die Gedankenwelt der Protagonistin ziehen. Antithesen wie "grob und hervorragend" unterstreichen die Zerrissenheit der Charaktere und die Absurdität der Situation. Der Fokus liegt auf dem Kommunikationsproblem: Er, der den Antrag als logische Konsequenz seines Lebensentwurfs sieht; sie, die sich in ihrer Ablehnung verstrickt und letztendlich doch "Ja" sagt, getrieben von Konventionen und der Aussicht auf ein abgesichertes Leben. Doch zu welchem Preis? Diese Erzählung ist eine brillante Analyse von Machtstrukturen in Beziehungen und der stillen Verzweiflung, die entstehen kann, wenn Gefühle der Vernunft geopfert werden. Eine zeitlose Geschichte über die Schwierigkeit, authentisch zu sein und gegen gesellschaftliche Erwartungen anzukämpfen, eingebettet in die Nachkriegszeit Deutschlands, wo Sicherheit und Stabilität höchste Priorität hatten. Ein wichtiges Werk für alle, die sich mit den Themen Ehe, Beziehung, Kommunikationsprobleme und gesellschaftlicher Druck auseinandersetzen möchten. Die Kurzgeschichte regt zur Diskussion über die Rolle der Frau und die Bedeutung von Liebe und Partnerschaft an.
Text:
Gabriele Wohmann, „Der Antrag“ (1957)
Aufgabe: Analysieren Sie die Kurzgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des dargestellten Kommunikationsproblems.
Gabriele Wohmann bes chreibt in ihrer Kurzgeschichte „Der Antrag“ von 1957 eine Gesprächssituation in der ein Mann versucht, eine Frau durch vernünftige Argumente im Sinne von finanzieller Sicherheit davon zu überzeugen, ihn zu heiraten, obwohl ihn nicht liebt. Trotz ihres Unwohlseins dabei stimmt sie schließlich zu.
Der Mann, wahrscheinlich der Direktor einer Privatschule, legt der Frau, einer Lehrerin, die als Fräulein Mack bezeichnet wird, zunächst seine Finanzelle Situation dar, wobei er versucht, möglichst bescheiden zu erscheinen, gerade dadurch aber sehr selbstzufrieden wirkt. Aus seinen Andeutungen kann man entnehmen, dass er genug Geld besitzt. Dann geht er dazu über, die Stellung als „Frau an seiner Seite“ als sorgloses und gesichertes Leben zu bezeichnen, bis er schließlich den eigentlichen Antrag macht. Die Frau fühlt sich dabei sehr bedrängt und will eigentlich nicht zusagen, entscheidet sich im letzten Moment aber doch dafür, „Ja“ zu sagen.
Der Text weist die typischen Merkmale einer Kurzgeschichte auf, wie den offenen Anfang, in dem der Leser direkt in die Unterhaltung der beiden am Strand liegenden Figuren einsteigt, und ein offenes Ende, an dem nichts weiter über die Zukunft gesagt wird, als dass sie seinen Antrag angenommen hat.
Die Spannung steigert sich durch die eindeutigen Andeutungen des Mannes und die verzweifelten Gedanken der Frau darüber, die dem Leser durch den aus ihrer Sicht berichtenden personalen Erzähler nahegebracht werden, bis zum Wendepunkt, der in diesem Fall mit dem Ende der Geschichte zusammenfällt.
Er liegt im letzten Satz, wo der Leser schließlich ihre Entscheidung erfährt.
Als Besonderheit gibt es in diesem Text keine Anführungszeichen, sondern Spiegelstriche. Dadurch fällt es dem Leser anfangs etwas schwer zwischen Gesagtem und Gedachtem zu unterscheiden.
Außerdem fällt auf, dass besonders viele Antithesen verwendet werden, wie z.B. „grob und hervorragend“ und „genießerisches Unbehagen“. Im Hinblick auf das Kommunikationsproblem kann man zunächst einmal sagen, dass beide Personen verschiedene Gesprächsziele haben.
Während der Mann versucht, die Frau zu überzeugen, eine wichtige Lebensentscheidung zu treffen, wie er sie gerne hätte, kann man aus dem wachsenden Unwohlsein der Frau (z.B. „... sagte sie beklommen.“; „... sagte sie steif“) erkennen, dass sie lieber eine „Smalltalk- Situation“ hätte oder gar kein Gespräch. Die Gesprächsanteile zeigen auch, dass der Mann die superiore Rolle einnimmt und die Frau die inferiore. Sie beschränkt sich auf möglichst kurze Sätze, die oft nur aus ein oder zwei Wörtern bestehen (z.B. „So?“) und nur Antworten bzw. Kommentare zu den relativ langen Äußerungen der anderen Person sind. Sie gibt die meisten Symbole anhand von nonverbaler Kommunikation, indem sie z.B. wegsieht, als er ihr sagt, er wolle sie nicht „mit irgendwelchen Problemen“, die ihr „gleichgültig sind“, belästigen. Eigentlich steckt in dieser Äußerung ein Appell an die andere Person, dies zu verneinen, worauf die Frau aber nicht eingeht. In fast allen Äußerungen des Mannes läßt sich die Erwartung finden, dass die Frau ihm entgegenkommt und ihm hilft, auf den Antrag zu kommen. Sie übersieht und mißdeutet dies absichtlich, worauf es zu einigen komischen Situationen kommt, z.B. als sie ihn fragt, ob er Säufer sei, nachdem er ihr den Willen zur Veränderung seiner Lebensumstände schildert. Er reagiert zu Recht irritiert auf diese Frage.
Interessant ist auch, was die Frau an Selbstoffenbarungen und konnotativen Bedeutungen aus den Aussagen des Mannes herausliest. Als er ihr sagt „eine Frau könne mit mir sorglos leben, gesichert“ und dabei mit dem Kugelschreiber in die Luft malt, interpretiert sie dieses nonverbale Signal als Zeichen für ihre finanzielle Versorgung für die Zukunft, die entgegen seinen Versprechungen eher gering ausfallen wird.
Aus den Versprechungen des Mannes kann man erkennen, dass er die Rolle als Ehefrau fast als einen Beruf sieht, für den er dringend eine „Angestellte“ sucht. Dieser verspricht er Gehalt, Sicherheit und, wenn sie will, jedes Jahr mehrere Wochen Urlaub. Daraus erkennt die Frau, daß es eigentlich nicht um Liebe geht, sondern um eine „Vernunftehe“. Auch die Beziehung zwischen den beiden ist nicht ganz klar zu erkennen. Einerseits kann man daraus, dass sie sich siezen und dass es sich um eine Lehrerin und den Leiter o.ä. einer Schule handelt, eine geschäftliche und relativ unpersönliche Beziehung erkennen, andererseits implizieren das Thema Ehe und der Antrag eine tiefere und längere Beziehung. Es scheint, als wolle der Mann zu der engeren Beziehung übergehen, während die Frau lieber auf der unpersönlicheren Ebene geblieben wäre, was ein Grund für ihr Unbehagen sein könnte. Ein Zeichen für das Gefühlsleben der Frau ist auch die Temperatur; während sie sich am Anfang vermehrt gedanklich gegen die Entscheidung wehrt, ist es heiß, als sie sich schließlich doch für eine Zusage entscheidet, die auf der Überlegung des Verstandes basiert, taucht sie ihren „kühlen Alpakalöffel in das Eis“; ein Symbol für die auf der Vernunft basierende Entscheidung.
Auch sein „spitzzulaufender Zeigefinger“ ist ein Symbol dafür, daß es keine glückliche Beziehung sein wird, sie nennt ihn als „Scheidungsgrund“, wo sie vielleicht schon eine Aussage über die Zukunft macht.
Ich finde, dieser Text beschreibt die Situation zwar etwas überspitzt, da sehr viele Bilder gebraucht werden und die Aufteilung der Rollen im Hinblick auf die Kommunikation sehr klar ist, er bringt dem Leser aber gerade deshalb nahe, wie ausweglos und schwierig diese Situation für die Frau sein muss.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in Gabriele Wohmanns Kurzgeschichte „Der Antrag“?
Gabriele Wohmanns Kurzgeschichte „Der Antrag“ (1957) beschreibt eine Gesprächssituation, in der ein Mann versucht, eine Frau durch rationale Argumente, insbesondere finanzielle Sicherheit, davon zu überzeugen, ihn zu heiraten, obwohl sie ihn nicht liebt. Trotz ihres Unwohlseins stimmt sie letztendlich zu.
Wie wird die Situation der Figuren dargestellt?
Der Mann, wahrscheinlich Direktor einer Privatschule, präsentiert der Lehrerin, Fräulein Mack, seine finanzielle Situation und versucht, bescheiden zu wirken, was ihn aber selbstzufrieden erscheinen lässt. Er stellt die Ehe als ein sorgenfreies und gesichertes Leben dar und macht schließlich den Heiratsantrag. Die Frau fühlt sich bedrängt, stimmt aber im letzten Moment zu.
Welche Merkmale einer Kurzgeschichte weist der Text auf?
Der Text hat typische Merkmale einer Kurzgeschichte wie einen offenen Anfang, bei dem der Leser direkt in die Unterhaltung einsteigt, und ein offenes Ende, das nichts über die Zukunft aussagt, außer dass sie den Antrag angenommen hat. Die Spannung steigt durch die Andeutungen des Mannes und die inneren Konflikte der Frau.
Wie wird die Spannung in der Geschichte aufgebaut?
Die Spannung wird durch die eindeutigen Andeutungen des Mannes und die verzweifelten Gedanken der Frau gesteigert. Diese Gedanken werden dem Leser durch den personalen Erzähler nahegebracht. Der Wendepunkt, die Entscheidung der Frau, fällt mit dem Ende der Geschichte zusammen.
Was ist besonders an der Erzählweise des Textes?
Der Text verwendet keine Anführungszeichen, sondern Spiegelstriche, was es anfangs erschwert, zwischen Gesagtem und Gedachtem zu unterscheiden. Außerdem werden viele Antithesen verwendet.
Welches Kommunikationsproblem wird dargestellt?
Die Figuren haben unterschiedliche Gesprächsziele. Der Mann versucht die Frau zu überzeugen, ihn zu heiraten, während die Frau lieber eine ungezwungene Unterhaltung oder gar kein Gespräch hätte. Der Mann nimmt die superiore Rolle ein, die Frau die inferiore, indem sie sich auf kurze Antworten beschränkt. Ihre nonverbale Kommunikation, wie das Wegsehen, wird vom Mann missinterpretiert.
Welche Rolle spielt die Interpretation der Frau in Bezug auf die Aussagen des Mannes?
Die Frau interpretiert die Aussagen des Mannes hinsichtlich Selbstoffenbarungen und konnotativer Bedeutungen. Beispielsweise interpretiert sie seine Andeutungen über finanzielle Sicherheit als eher geringfügig als versprochen.
Wie wird die Ehe aus Sicht des Mannes dargestellt?
Der Mann sieht die Ehe fast als einen Beruf, für den er eine „Angestellte“ sucht. Er verspricht Sicherheit und Urlaub, aber keine Liebe. Dies deutet auf eine „Vernunftehe“ hin.
Wie ist die Beziehung zwischen den beiden Figuren?
Die Beziehung ist unklar. Einerseits siezen sie sich, und es besteht eine geschäftliche Beziehung. Andererseits impliziert der Heiratsantrag eine tiefere Beziehung. Der Mann möchte zu einer engeren Beziehung übergehen, während die Frau lieber auf der unpersönlichen Ebene bleiben würde.
Welche Symbole werden im Text verwendet?
Die Temperatur wird als Symbol für das Gefühlsleben der Frau verwendet: Hitze, während sie sich innerlich wehrt, und Kühle, als sie sich für eine rationale Entscheidung entscheidet. Sein „spitzzulaufender Zeigefinger“ wird als „Scheidungsgrund“ genannt und deutet auf eine unglückliche Zukunft hin.
Wie bewertet der Verfasser die Situation in der Kurzgeschichte?
Der Verfasser findet die Situation zwar überspitzt, aber sie vermittelt dem Leser die Ausweglosigkeit und Schwierigkeit der Situation für die Frau. Die bildhafte Sprache ermöglicht es, sich in die Gedanken der Frau hineinzuversetzen. Die Reaktion der Frau auf den Antrag erscheint jedoch angesichts ihrer vorherigen Zweifel nicht ganz nachvollziehbar.
- Quote paper
- Stephanie Wiederhold (Author), 2001, Wohmann, Gabriele - Der Antrag, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/104948