Biographie: Matthias Claudius
Matthias Claudius wurde am 15. August 1740 als Sohn eines Pfarrers in Reinfeld bei Lübeck geboren. Nach dem Besuch der Lateinschule in Plön begann er zuerst mit einem Theologiestudium in Jena und wechselte nach dessen Beendigung über zu den Rechts- und Staatswissenschaften. Seine ersten literarischen Arbeiten in dieser Zeit blieben jedoch weitgehend erfolglos. Nachdem er zwei Jahre lang arbeitslos war, nahm er im Jahre 1764 eine Stellung als Privatsekretär beim Grafen Holstein in Kopenhagen an; Diese gab er jedoch schon nach einem Jahr wieder auf. Drei Jahre später wurde er Redakteur der Adreß-Comtoir- Nachrichten in Hamburg. Das Blatt erschien zweimal wöchentlich mit lokalen und kommerziellen Berichten. 1771 gründete Claudius in Hamburg den "Wandsbecker Boten", die erste, von Johann Joachim Bode gedruckte deutsche Volkszeitung. Für das Blatt, das politische, wissenschaftliche, literarische und belehrende Artikel brachte, konnte er so namhafte Literaten wie Gotthold Ephraim Lessing, Johann Gottfried von Herder, Friedrich Gottlieb Klopstock und den jungen Johann Wolfgang von Goethe gewinnen. Gleichzeitig entwickelte Claudius seinen eigenen, volktümlich- humorvollen, teils aber auch melancholisch-verträumten, bisweilen bewusst naiven Stil, der von tiefer Religiosität geprägt ist: Eigene Beiträge zum Boten erschienen 1775 gesammelt. Hinter diesem Eindruck stand eine bewusste Entscheidung, die Grenzen des menschlichen Verstandes zu achten und sich von der Hybris und der Widersprüchlichkeit der Aufklärung nicht verblenden zu lassen. Diese Haltung führte Claudius auch in Konflikt mit politisch-publizistischen Charakter, zum Beispiel mit dem dänischen königlichen Plöner Amtsverwalter August von Henning, der seine Zeitschrift "Genius der Zeit" zur Erwiderung nutzte. Am 15.03.1772 heiratete er Anna Rebecka Behn in Wandsbek. Von ihren elf gemeinsamen Kindern starben drei schon im Kindesalter. 1776 verließ Claudius Hamburg und zog nach Darmstadt, wo er Oberlandcommissarius wurde. Ein Jahr später kehrte er jedoch krankheitsbedingt nach Wandsbek zurück und nahm die Stelle eines Bankrevisors an. Nebenbei war er weiter literarisch tätig. 1779 entstand sein berühmtestes Werk, das Abendlied Der Mond ist aufgegangen. Es folgten noch weitere volksliedhafte Dichtungen, wie Der Mensch oder Der Tod und das Mädchen. 1812 wirkte er bei Karl Wilhelm Friedrich von Schlegels Zeitschrift Deutsches Museum mit.
In der Franzosenzeit, zwischen 1813 und 1814, floh er nach Westensee, Kiel und Lübeck. 1814 kehrte Claudius wieder zurück nach Wandsbek und starb am 21.01.1815 in Hamburg, wurde aber am 25.01.1815 in Wandsbek begraben.
Insgesamt nimmt Matthias Claudius in der Geistesgeschichte der Zeit um 1800 sowohl als Dichter wie als Publizist eine hervorragende Stellung ein. Seine Gedichte haben das Gefühlsleben der Menschen des 19. Jahrhunderts tief geprägt und leben in so manchen Beispielen noch heute durchaus weiter.
Literarischer Hintergrund
EuropÄische Literatur im 17. und 18. Jahrhundert
Das Zeitalter des Barock verehrte als höchste Göttin die Vernunft. "Nicht der Geschmack hat sich der Kunst zu fügen, sondern die Kunst dem Geschmack", schrieb der einflußreiche englische Kritiker Joseph Addison und präzisierte damit einen für den europäischen Klassizismus gütigen Lehrsatz.
Eine große Leidenschaft des 18. Jahrhunderts war das Briefschreiben. Dieses war eine besondere Dialogtechnik, wie ein geistvolles Frage-Antwort-Spiel aufgebaut, das die modische Form des Briefromans gleichsam dramatisch akzentuierte. Auch Matthias Claudius benutzte zeitweise diesen Briefstil (siehe S.5).
Ein anderes Merkmale dieser Epoche waren die Fabeln. Der wohl berühmteste Fabeldichter der damaligen Zeit war Jean de La Fontaine. Er erweist sich als unerschütterlicher Anwalt der Vernunft und praktizierter Humanität. Seine Tierfabeln lesen sich als Lehrstücke für vernunftmäßiges Handeln und leistet diese Aufgabe ohne jede pädagogische Penetranz. Viele andere Dichter versuchten diesen Stil zu übernehmen, u.a. auch Matthias Claudius (siehe S.5- 8, Bsp.: "Fuchs und Bär"), wodurch man eine Fülle verschiedenster Fabeln erhielt.
Desweiteren entwickelte sich ein Literaturstil, der sich mit der christlichen Wahrheitssuche beschäftigte und dessen Texte mit frommer Inbrunst verfasst wurden. Dieser Stil spiegelte sehr deutlich die religiösen Auseinandersetzungen der Epoche wieder. Viele Dichter, darunter auch Matthias Claudius, gaben im festen Gottvertrauen ihren Versen schlichte Innigkeit und Gefühlstiefe.
Auch des nüchternen Skeptizismus war man in der Zeit des 18. Jahrhunderts überdrüssig. Die jungen Dichter der neuen Generation erkoren Friedrich Gottlieb Klopstock (*1724, †1803) zu ihrem Idol und begeisterten sich an der hymnischen Sprachgewalt und dem Klangzauber des Versepos "Messias", mit dem Klopstock der Dichtung gleichsam wieder Offenbarungscharakter zuwies. Viele Jünglinge, feierten, in Anlehnung an Klopstock, in Gedichten die göttliche Schönheit der Schöpfung in volksliedähnlicher Schlichtheit der Verse. Matthias Claudius, der damals selber ein großer Verehrer Klopstocks war, verwendet diesen neuen Stil in vielen seiner Gedichte.
Geschichtlicher und politischer Hintergrund
Matthias Claudius lebte in einer sehr aufgewühlten Epoche. Er erlebte mehrere Kriege und Herrschaftswechsel, sowie Revolutionen mit.
Die ersten Kriege, die M. Claudius in seiner Kindheit und Jugend mitbekam waren die "Schlesischen Kriege". Der 1. Schlesische Krieg (1740-1742) begann mit einem preußischen militärischen Einfall unter Friedrich II. in Schlesien. Einige Siege und die Ausdehnung des Konflikts zum Österreichischen Erbfolgekrieg brachten Preußen im Frieden von Berlin fast ganz Schlesien und Glatz. Den 2. Schlesischen Krieg (1744/1745) begann Preußen wegen der diplomatisch-militärischen Erfolge Österreichs, die, unter der Führung von Maria Theresia, 1744 ins Elsaß vorrückten, Schlesien aber nicht zurückerobern konnten. 1745 kommt es im "Frieden von Dresden" zu einem Arrangement zwischen den verfeindeten Ländern. Da jedoch viele Konflikte ungeklärt blieben, kam es 1756 zum 3. Schlesischen Krieg, besser bekannt unter dem Namen "Siebenjähriger Krieg". Dieser bezeichnet nicht nur die Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Preußen, sondern auch den Krieg zwischen den französischen und den englischen Kolonien. Eröffnet wurde der Siebenjährige Krieg wieder von Preußen, dessen militärische Stärke durch die Reformen Friedrich II. in den letzten Jahren stark angewachsen war. Durch diesen Militärschlag zwang er die meisten Reichsstände, wie Frankreich, Rußland und Schweden an die Seite Österreichs und stand somit einer vielfach überlegeneren Armee gegenüber, die Preußen gänzlich überforderte. Trotz der Teilerfolge focht Preußen einen auf die Dauer aussichtslosen Überlebenskampf. Erst mit dem Tod der Zarin Elisabeth trat eine Wende ein, die schließlich am 15.2.1763 zum "Frieden von Hubertusburg" führte. Nach diesen zermürbenden Kriegsjahren widmete sich jeder Herrscher erst einmal dem Wohlergehen seines Landes, die Wirtschaft wurde wieder stabilisiert und zahlreiche Reformen durchgeführt, wodurch ein stabiles dynastisch bestimmtes Machtgefüge in Europa entstand. Doch die Ruhe dieser dreißigjährigen Friedenszeit war trügerisch. Nachrichten aus Frankreich berichteten von einer Staatskrise die angesichts der Erstarrung des französischen Absolutismus ausweglos schien. 1789, einige Monate später, brach dann auch schon die Französische Revolution aus. Zu diesem Zeitpunkt war Matthias Claudius 49 Jahre alt. Aus Angst davor, dass sich die revolutionären Gedanken auch in Deutschland ausbreiten könnten, schloss die deutsche Regierung, d.h. Preußen und Österreich sich zu einem Verteidigungsbündnis zusammen, um den alten Staat gegen die Revolution zu schützen. Damit gaben sie den Franzosen einen willkommenen Anlaß zum Krieg, um von den inneren Schwierigkeiten innerhalb Frankreichs ablenken zu können. Dort hatte man inzwischen die königliche Familie gefangen genommen und eine republikanische Verfassung entworfen. Zur Verteidigung der Revolution gegen die äußeren Feinde machte Frankreich mobil und startete einen Eroberungskrieg, der mit der Herrschaft Napoleons endete.
1796 trat der Krieg Frankreichs gegen die Koalition in ein neues Stadium. Der junge General Napoleon Bonaparte erhielt den Oberbefehl über das französischen Heer in Oberitalien und warf in einem glänzenden Feldzug die Österreicher zurück. Um seinen jungen Ruhm nicht welken zu lassen wagt Napoleon die Fahrt nach Ägypten, besetzt Malta und erobert Kairo. Dadurch steigt seine Popularität gewaltig, was die Voraussetzung für den im Jahre 1799 gelungenen Staatsstreich war. Er stürzt das Direktorium und macht sich selber zum ersten Konsul mit diktatorischen Vollmachten. Durch weitere Siege und ein Friedensabkommen wächst auch die Begeisterung des Volkes für Napoleon. Diese nutzt er um sich 1802 zum Konsul auf Lebenszeiten ernennen zu lassen. Am 2.12.1804 krönt er sich in Anwesenheit des Papstes zum Kaiser und beendet somit das revolutionäre Zeitalter mit einer absoluten Monarchie. Nach und nach macht Napoleon immer mehr Staaten von sich abhängig, meist mit Hilfe von Kriegen und vergrößerte somit seinen Einflussbereich (s. Abb. Nr.2).
Häufig gestellte Fragen zu Biographie: Matthias Claudius
Wer war Matthias Claudius?
Matthias Claudius war ein deutscher Dichter und Publizist, geboren am 15. August 1740 in Reinfeld bei Lübeck. Er ist bekannt für seine volkstümlichen und humorvollen Gedichte, die oft von tiefer Religiosität geprägt sind.
Was waren einige seiner wichtigsten Tätigkeiten?
Claudius war Redakteur der Adreß-Comtoir-Nachrichten in Hamburg und gründete später den "Wandsbecker Boten". Er arbeitete auch als Privatsekretär und Oberlandcommissarius.
Welche bekannten Werke stammen von Matthias Claudius?
Zu seinen bekanntesten Werken gehören das Abendlied "Der Mond ist aufgegangen", sowie Gedichte wie "Der Mensch" und "Der Tod und das Mädchen".
Wann und wo ist Matthias Claudius gestorben?
Matthias Claudius starb am 21. Januar 1815 in Hamburg und wurde am 25. Januar 1815 in Wandsbek begraben.
In welcher literarischen Epoche war Matthias Claudius tätig?
Matthias Claudius wirkte in der Zeit um 1800, einer Epoche, die von Barock, Aufklärung und den Anfängen der Romantik geprägt war.
Welche Merkmale kennzeichnen seine Gedichte?
Seine Gedichte zeichnen sich durch einen volkstümlich-humorvollen, teils melancholischen und oft bewusst naiven Stil aus, der von tiefer Religiosität geprägt ist. Er verwendete oft volksliedähnliche Schlichtheit in seinen Versen.
Was waren die historischen und politischen Hintergründe seiner Zeit?
Claudius lebte in einer Zeit großer politischer Umwälzungen, darunter die Schlesischen Kriege, die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege. Die Aufklärung prägte ebenfalls seine Zeit.
Welche Bedeutung hatte der "Wandsbecker Bote"?
Der "Wandsbecker Bote" war die erste deutsche Volkszeitung, die von Claudius gegründet wurde. Er konnte bedeutende Literaten wie Lessing, Herder, Klopstock und Goethe für das Blatt gewinnen.
Was war Claudius' Haltung zur Aufklärung?
Claudius war kritisch gegenüber der Hybris und Widersprüchlichkeit der Aufklärung. Er betonte die Grenzen des menschlichen Verstandes und setzte auf Religiosität.
Welchen Einfluss hatte Matthias Claudius auf die Geistesgeschichte?
Matthias Claudius nimmt sowohl als Dichter wie auch als Publizist eine hervorragende Stellung in der Geistesgeschichte seiner Zeit ein. Seine Gedichte haben das Gefühlsleben der Menschen des 19. Jahrhunderts tief geprägt und leben in so manchen Beispielen noch heute durchaus weiter.
- Quote paper
- Gisela Bruckwilder (Author), 2001, Claudius, Matthias, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/103148