Vergessen Sie alles, was Sie über mittelalterliche Musik zu wissen glaubten! Tauchen Sie ein in eine faszinierende Welt, in der Musik nicht nur Klang, sondern eine heilige Wissenschaft war. Dieses Buch enthüllt die verborgenen Lehrpläne, die komplexen Methoden und die leidenschaftlichen Debatten, die den Musikunterricht im Mittelalter prägten. Entdecken Sie die verschiedenen Schultypen – von abgeschiedenen Klosterschulen bis hin zu pulsierenden Stadtschulen – und die Rolle, die sie bei der Formung der musikalischen Landschaft Europas spielten. Erfahren Sie, wie Karl der Große die Weichen für eine musikalische Renaissance stellte und wie die Kirche als Hüterin des "göttlichen" Gesangs fungierte. Beleuchtet werden die unterschiedlichen Altersstufen der Schulkinder, die Lehrsysteme und Bildungsziele sowie die strenge Hierarchie zwischen "Musicus" und "Cantor". Die Reise führt durch die Welt der Schreibutensilien, der elementaren Musiklehre, der didaktischen Hilfsmittel wie der Guidonischen Hand und der anspruchsvollen Gesangsausbildung. Ein besonderes Augenmerk gilt der Stimmbildung, dem Klangideal und der Kunst der Cheironomie. Das Buch zeigt, wie die Einführung der Liniennotation den Musikunterricht revolutionierte und den Zugang zu den Gregorianischen Melodien erleichterte. Es beleuchtet den Einfluss der griechischen Musiklehre und die Bedeutung der Zahlensymbolik für das Verständnis der Musik als kosmische Harmonie. Abschließend werden die Normen der Tonhöhe und Tonreinheit im Mittelalter untersucht, wobei die Unterschiede zwischen Musiklehre und Musikpraxis, Vokal- und Instrumentalmusik hervorgehoben werden. Dieses Werk ist eine fundierte und spannende Auseinandersetzung mit einem oft übersehenen Aspekt der mittelalterlichen Kultur, ein Muss für jeden Musikinteressierten, der die Wurzeln unserer musikalischen Traditionen verstehen möchte. Tauchen Sie ein in die Welt des mittelalterlichen Musikunterrichts und entdecken Sie die Leidenschaft, Hingabe und das Wissen, das die Musik dieser Epoche geprägt hat.
Gliederung
1. Institution
2. Schultypen
2.1. allgemeine Schultypen
2.1.1. Klosterschule
2.1.2. Episkopale Schule
2.1.3. Parachialschule
2.1.4. Stadtschule
2.1.5. Universität
2.2. spezielle Schultypen
2.2.1. Palastschule
2.2.2. Schola cantorum
3. Altersstufen der Schulkinder
4. Lehrsystem und Bildungsziel
5. Musicus und Cantor
6. Methodik, Didaktik, Unterrichtsformen
6.1. Schreibutensilien der Schüler
6.2. Methodik und Didaktik des Elementarunterrichts
6.3. Didaktische Hilfsmittel
6.4. Methodik und Didaktik des Gesangunterrichts
6.5. Stimmbildung, Klangideal, Cheironomie
6.6. Singen nach Noten
7. Der Musikwissenschaftliche Lehrstoff, die griechische Musiklehre
8. Tonhöhe und Tonreinheit im Mittelalter
9. Anhang
9.1 Literaturangabe
9.2 Begriffserklärung
1. Institution
- Nach den großen Völkerwanderungen, die sich im Laufe des 4.- 6. Jh. vollzogen, übernahm Karl der Große 711 die Regierung des Fränkischen Reiches. Er forderte das Bildungssystem ,gründete Schulen und suchte Gelehrte, die die allgemeine Bildung förderten.
- Die Wiederbelebung der antiken Kultur im 9. Jh. wird auch als die „karolingische Renaissance“ bezeichnet. Das Wiederaufleben der Antiken
Kultur vollzog sich nicht nur bezüglich dem lesen der klassischen lateinischen Poesie, der „grammatica“ und der Prosa, sondern auch der übrigen „artes liberales“. Es gab vor 875 keine wahren „ars musica“ im Sinne der klassischen Disziplin.
- Nachdem man sich Zugang zu dem überliefertem Lehrstoff aus der Antike verschaffte, entwickelte sich eine eigenständige Musiklehre. Zu dieser Zeit entstanden die Abhandlungen über Mehrstimmigkeit, und die erste Didaktik für den „höheren Musikunterricht“ wurde geschrieben. Als Vorbild galt die irische Schule, aus welcher Lehrer wie Heiric von Auxerre ( 841- nach 875) und dessen Schüler Hucbald von St. Amand (um 840 - etwa 930) und Remigius von Auxerre ( nach 841 - 908) hervorgingen. Sie haben z. B. eine Musiklehre („De Institutione Musica“) geschrieben.
- Karl der Große( 768- 814 ) hatte einen erheblichen Einfluß auf das Bildungswesen.
- Sein Ziel war ein gemeinsames christliches Reich, mit einheitlicher Liturgie und einheitlichem Kirchengesang, zu schaffen(dem aus Rom stammenden
„Gregorianischen Choral“). Die Basis bildete eine Bevölkerung, die zumindest in den Fragen des Gottesdienstes bescheid wusste. Die „Spitzengruppe“, welche aus Bischöfen, Äbten und Lehrern bestand, sollte die Leitung der Schulen übernehmen.
- Die Politik „Karls des Großen“ schuf eine Allianz zwischen den Päpsten und dem fränkischen Königen Kaiser Pippin, Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen. Das heißt eine Allianz zwischen kirchlicher und weltlicher Macht.
- Das Papsttum hatte durch die Allianz neben der christlichen nun auch einen allgemeine Souveränität erlangt.
- Das Christentum wurde zum Machtfaktor in der mittelalterlichen Gesellschaft.
Dieses hatte auch Einfluß auf den Musikunterricht und die Entwicklung der Musik im Mittelalter.
- Etwa um 850, wurde der gregorianische Choral als der offiziell autorisierte „göttliche“ Gesang. Festgelegt. Es stagnierte das komponieren der Jahreszyklen für die Kirchenmusik. Zwar wurden Tropen und Sequenzen hinzugefügt, jedoch war die Europäische Musik in Ihrer Entwicklung auf Jahrhunderte vorbestimmt.
- Meister Hucbald von St. Amand und Notker Balbulus von St. Gallen ( um 840
- 912 ) waren zu dieser Zeit die wichtigsten Dichter der lateinischen
Dichtkunst, die für die vokale Musik bestimmt war. Sie waren Grammatiker, Dichter und Komponisten. Ihre Texte unterlagen dem irischen Einfluß und waren durch ihr oft seltsames Latein und ihren Humor in den „ernsten Werken“ gekennzeichnet.
2. Schultypen
Das mittelalterliche Leben war von dem täglichen Gottesdienst geprägt. Im Vordergrund stand die Einheit von Kirche und Schule. Trotz unterschiedlicher Bildungsanstalten hatten alle prinzipiell das selbe Ziel.
Es wurde zwischen allgemeinen und speziellen Schultypen unterschieden.
2.1. allgemeine Schultypen
2.1.1. Die Klosterschule
Hier konzentrierte man sich auf Erziehung und Bildung.
Ein Kloster wurde durch Mauern von der Außenwelt abgeschirmt. Man unterschied zwischen
„schola interior“, die sich innerhalb des Klosters befand und
„schola exterior“, die außerhalb der monastischen Klausur lag.
In letzterer wurden Kinder unterrichtet, die später in öffentliche Ämter, z.B. das Bischofsamt oder das Amt des Landesherren, eintraten.
In der „schola interior“ wurden Kinder unterrichtet, die sich dem geistlichen Stand anschließen sollten. Sie waren von der Außenwelt abgeschlossen und lebten in dem Kloster mit Mönchen zusammen.
2.1.2. Die episkopale Schule
Diese Schulen waren sogenannte Erzbischöfischen oder Domschulen, bzw. von einem Erzbischof abhängige Bischofs- oder Kathedralschulen.
Das Ziel war es in Ihnen den „Säkularklärens“ - (die Weltgeistlichkeit) auf die Aufgaben im Gottesdienst vorzubereiten. Darüber hinaus sollten nach den alten „schola cantorum“ in Rom Knaben und Männer für den liturgischen Gesang ausgebildet werden.
2.1.3. Die Parachialschule
Diese Schulen dienten „nur“ dazu, den Schülern das Lesen und Schreiben beizubringen. In manchen Städten ohne Dom- oder Kathedralschulen entstanden Parachialschulen.
2.1.4. Die Stadtschule
Da die existierenden Dom- und Stiftsschulen nicht in der Lage waren, den veränderten Anforderungen hinsichtlich der rasch ansteigenden Schülerzahl und des sich wandelnden Bildungszieles gerecht zu werden, entstanden Stadtschulen für das sich entwickelnde Bürgertum.
Die in der 2. Hälfte des 13. Jh. entstandenen Stadt- und Ratsschulen wurden von einem sogenannten „rector“ geleitet.
Der Unterricht vermittelte Elementarkenntnisse für Handwerker, Kaufleute oder
Ratsbeamte. Ebenso wurde auch Gesangs- und elementarer Musikunterricht erteilt.
2.1.5. Die Universität
Der Unterricht in den „artes liberales“ und „ars musica“ bildeten die Grundlage für die höhere Wissenschaft. Aufgrund der wachsenden Bevölkerung im 12.- und 13. Jh. erlangten manche Schulen an besonderer Bedeutung, Die Universitäten erhielten von Seiten der Kirche und des Staates Anerkennung und Privilegien.
2.2. spezielle Schultypen
2.2.1. Die Palastschule
Die Karolinger Palastschulen waren Bildungsanstalten für den Hof. Dort wurden allgemeine Elementarkenntnisse und die religiös- sittliche Erziehung vermittelt. Die Schule hatte keinen festen Standort, da sich dieser nach dem Aufenthaltsort des Fürsten richtete.
Auch in dieser Schule wurde nach antikem Vorbild unterrichtet. Vor allem dem Gesang wurde große Bedeutung beigemessen.
2.2.2. Die Schola cantorum
Sie ist eine Art Armenfürsorge. Hier wurden Männer und Buben im Gesang unterrichtet. Die Knaben waren häufig Waisen. (Ihre Eltern waren meist nicht verstorben, hatten aber die Kinder verlassen.)
Das Leben dieser Männer und Knaben an den Gesangsschulen waren lt. den Überlieferungen eine Mischung aus Freud und Leid. Sie mussten sich ihren Unterhalt und ihr Unterkommen (ihr Brot) mit dem Singen in der Kirche verdienen. Da dies nicht sehr einfach war, fingen sie häufig an zu stehlen. Der Begriff „Schola cantorum“ veränderte sich deshalb auch zu „chorales“ oder „panistae“ was soviel wie Brot heißt. (also Brotjunge)
3. Die Alterstufen des Schulkindes
Der Grund, warum die Eltern ihre Kinder verließen oder sie verkauften, bestand darin, dass sie z.B. in Gallien bis ins 7. Lebensjahr für den Besitz eines Kindes Steuern zahlen mussten. So gaben viele Eltern Ihre Kinder an Kloster und Kirchen, wo diese in einer „guten Umgebung“ aufwuchsen und ihr Leben Gott weihten. Sie erhielten dort Unterricht und konnten so ihr Leben sichern.
Im Mittelalter wurde auf die Lebensphasen des Kindes bis zum Erwachsenen Rücksicht genommen. Man unterschied zwischen infans, puer, puber, adolescens und aetas perfecta. d.h. Kleinkind ( bis zu 6 Jahren)
Kind ( von etwa 6- etwa 13 Jahren)
Puber ( von etwas 13 bis etwa 17 Jahren)
Adoleszent ( von etwa 17 bin etwa 21 Jahren) Erwachsener ( ab etwa 21 Jahren).
Damals, wie auch Heute - betrachtete man die Übergansperiode zum Erwachsensein, d.h. die Pubertät, als die schwierigste Lebensphase. Es gab zu jeder Lebensphase ein Lehrsystem.
4. Lehrsystem und Bildungsziel
Es ist schwer eine Übersicht des nach Altersstufen gegliederten Lehrsystems und des Bildungszieles im Mittelalter zu geben. Das liegt daran, dass es verschiedene Schulprogramme bzw. Lehrpläne gab, keine festgelegte Anzahl der Schuljahre, keine Schulklassen in heutigen Sinn und das es von Lehrern abhing, was unterrichtet wurde.
Im allgemeinen gab es im Mittelalter kein einheitliches Erziehungsprogramm, jedoch war der Unterschied und die Erziehung von der christlichen Lehre bestimmt und gründete letztlich im Dienste Gottes. Die Aufgabe der Menschen bestand darin, für Gott zu leben und sein Lob zu singen.
Zu IA: Der allgemeine Unterricht Die Schüler sollten im allgemeinen Unterricht nicht aus antiken Quellen, sondern aus den mittelalterlichen Schriftstellern wie z.B. Cassidor, Isidor und Augustinus schöpfen. Nur fortgeschrittene Schüler hatten die Erlaubnis, einen kleinen Einblick in die antiken Quellen zu erlangen. Eine Studienordnung des Dominikanerorden von 1259 enthielt strenge Anweisungen bezüglich der Verweigerung der antiken Quellen: ( Zitat )
„ ... Wenn ein Student in seinem geistigen Vermögen überragend ist, stelle er ihm dem Abt vor. In den Büchern der Heiden und Philosophen sollen sie nicht studieren, könne jedoch einen kurzen Einblick nehmen. Die weltlichen Fächer sollen sie nicht erlernen, ebenfalls nicht die sogenannten freie Künste, sondern nur die theologischen Werke dürfen von den jungen, wie auch von den übrigen Ordensmitgliedern gelesen werden“. ( Zitat Ende ). Die „Oberstufe“ vermittelte den Lehrstoff der „ artes liberales, der Disziplinen des Triviums und des Quadriviums. Grundlage der „ freien Künste „ bildete das Studium der Theologie, Medizin und Jurisprudenz. Mit der Beschäftigung der Wissenschaft der Exegese und mit einigen Regeln aus dem kirchlichen Recht, konnte man das Endziel klerikaler Ausbildung erreichen. Im 12. und 13 Jr. entwickelte sich die Dialektik des Triviums zur philosophischen Theologie, bzw. zur Scholastik.
ZU IB: Im Mittelalter unterschied man im allgemeinen drei Stufen der Musikausbildung:
1.) Die Musik als Wissenschaft ( scientia, ars , disciplina )
2.) Ausbildung in der Musiklehre:
Dem Schüler wurden die Anfänge der „ scienta musica „ beigebracht. Dabei stütze man sich auf die Kunstmusik, dem Gregorianischen Choral.
3.) Das Singenlernen als Musikerziehung
Außerhalb dieses Schemas war noch ein weiterer Punkt. Dieser ist aber in diesem Schema nicht enthalten, da es sich nicht nach dem kirchlich- mittelalterlichen Bildungssystem orientierte : die Unterweisung im Instrumentenspiel.
Dieser praktische Teil wurde von den sogenannten „ Spielmännern“ im Mittelalter übernommen, der sich außerhalb der eigentlichen Musikerziehung befand. Man unterschied damals zwischen dem gebildeten Musiker und dem Sänger oder Instrumentalisten. Der Konflikt bestand darin, dass man Musik unterschiedlich bewertete. Auf der einen Seite stand das rationale Denken, d.h. die musikalischen Gesetzmäßigkeiten, die Musik wohlwollend erklingen ließ. Und auf der anderen Seite die natürliche Begabung, die das Musizieren ohne theoretische Grundlagen erlaubte. Deshalb wurde der gebildete Musiker weit höher bewertet, als der Praktiker.
Ein weiterer Faktor, der eine entscheidende Rolle in der Musik und der Musikerziehung im Mittelalter spielte, ist die unantastbare kirchliche „ auctoritas“. Diese kirchliche Autorität verkörperte der Gregorianische Choral, der als einziger, heiliger, offizieller Kirchengesang galt. Das Problem zwischen Musiktheorie und Musikpraxis war schwer zu lösen. Die Musiktheorie hatte im Mittelalter eine so große Bedeutung, dass sie der Praxis vorausging. Es war schwer den vorgeschriebenen Kirchengesang ( auctoritas ecclesiastica) in Verbindung mit der Musiklehre zu bringen. Man könnte zwar mit der griechischen Musiktheorie allgemeinen Lehrstoff, wie z.B. die Berechnung der Tonhöhe entnehmen, allerdings nicht das Tongeschlecht oder die Harmonik. Leider brachte die Übernahme der griechischen Musiktheorie Lücken mit sich, oder es entstanden Probleme, wenn sich die Praxis nicht mit der Theorie deckte.
Das starre Festhalten an dem Überlieferten, führte zur Gegenüberstellung und unterschiedlichen Bewertungen von „ musicus „ und „ cantor „ mit.
5. musicus und cantor
Zwischen musicus und cantor war eine deutliche Rangordnung zu erkennen. Der musicus war der Dozent der Musiklehre und der auf dem Gebiet der Musikwissenschaft bewandert war. Während der cantor auf die Stufe gestellt wurde, der eine mechanische Arbeit verrichtete. So war nur der musicus befähigt, die Musik und die Poesie zu beurteilen.
Das Bildungsideal und Bildungsziel, welches man aus diesem Schema erkennen kann, ist die Aufgabe der Menschen für Gott zu leben.
Ziel der Ausübung des Gesangsunterrichts war es, die Schüler auf die Teilnahme am Gottesdienst vorzubereiten. Ebenso auch diente der Gesangsunterricht der Vorbereitung auf das Amt eines Schola- Mitgliedes. Diese Ausbildung war auf Grund des schwierigen Repertoires besonders langwierig. Sie durften nur einem Schüler erteilt werden, der eine schöne Stimme hatte und im Dienste der Verehrung und des Lobes Gottes stand.
6. Methodik, Didaktik, Unterrichtsformen
Der methodische und didaktische Musikunterricht im Mittelalter verlief so, dass man dem Schüler erst das Resultat, die Theorie als These, als Tonalität und dann erst die Analyse bot. Während man in anderen Fächer z.B. im Schreiben, die umgekehrte Reihenfolge wählte. Beeinflusst wurde die Entwicklung der Musik und des Musikunterrichtes im Mittelalter durch drei wesentliche Faktoren:
1.) die Abhängigkeit von der Tradition, die Einbeziehung des aus dem Altertum übererliefertem Lehrstoffes.
2.) Das „ feudale „ Denken und die sich daraus ergebende Kluft zwischen Lehrer und Schüler, zwischen Theorie und Praxis, zwischen musicus und cantor
3.) Die auctoritas ecclesiastica, der zufolge die tägliche vorgetragenen Gesänge des Propriums heilig und unantastbar waren.
Die Bibel lehrte, dass „ der Anfang aller Weisheit, die Furcht vor Gott ist“, aber auch vor dem Magister. Der Abstand zwischen magister und scholaris kann man auch in der harten Bestrafung der Schülers sehen. Die unglaublich vielen Texte ( u.a. 150 Psalmen) und die Melodien ( das Gregorianische Repertoire mit 100 Melodien, die täglich variierten), welche die Schüler lernen mussten, wurden nicht selten ins Gedächtnis geschlagen. Der magister machte des öfteren Gebrauch von seiner Rute.
6.1. Schreibutensilien der Schüler
Die Schreibutensilien der pueruli und clericuli bestanden aus zwei aneinandergebundene
Täfelchen aus Holz oder Bein mit höherem Rand, der aus Bienenwachs war. Als Stift diente eine scharfe Spitze, mit der die Schüler Ihre Aufzeichnungen in die Wachsschicht ritzten. Mit dem platten Stiftende konnte man wieder alles wegwischen.
6.2. Methodik und Didaktik des Elementarunterrichts
Bezüglich der Anfänge der Musiklehre gab es verschiedene Methoden. Einige Lehrer begannen mit dem Einprägen der diatonischen Aufeinanderfolgen der Töne. Andere wiederum begannen mit den steigenden Quartreichen ( Tetrachorden), bei denen die Lage der großen und der kleinen Sekunde die Selbe war ( z.B. C-D-F = G-a-h-c = D-E-F-G = a-h-c-d etc ).
Die sogenannte Mutationslehre, die uns um 1100 begegnete und durch Guido von Arezzo ( gestorben um 1050) etwa 1030 verbreitet worden war, galt als die beste Methode. Das
Monochord
( einseitiges Instrument ) wurde als Demonstrationsmittel verwendet, um so das Verhältnis zu den höheren oder tiefer liegenden Tonstufen zu zeigen .Im Anfangsunterricht konnte man mit diesem Instrument eine langsame Melodie spielen und so die Intervalle- und die Konsonantenlehre visuell und auditiv veranschaulichen.
Für den fortgeschrittenen Unterricht diente das Monochord vor allem als Ausgangpunkt für die sogenannten mensura monochordi. Bei dem Auswendiglernen der Psalmen kam es weniger auf das Verstehen des Inhaltes der Textes an, sondern auf die korrekte Aussprache. Das brachte aber einen großen Vorteil beim singen der Psalmen im Offizium mit, aber auch für den Gesang der Propriummesse, deren Texte ausschließlich den Psalmen entnommen worden sind.
( s. Schema III )
6.3. Didaktische Hilfsmittel
An erster Stelle steht hier der Unterrichtsdialog, d.h. die Frage- und Antwort - Methode. Aber ein weiteres didaktisches Hilfsmittel, welches in der Musiklehre bis ins 18 Jr. an den Schulen Gebrauch war, ist die Guidonische Hand.
Diese Methode ermöglichte den Lehrstoff leichter im Gedächtnis behalten zu können
Auch für den „höheren“ Unterricht wurden diese visuellen und auditiven Prinzipien erweitert und angewandt. Die Grundlagen für diesen Unterricht bildete das Monochord, welches für das Messen der Saitenlängen benutzt wurde.
Die Guidonische Hand mit Darstellung der Frau Musica. Handschrift es 13. Jahrhunderts aus der Zisterzienserabtei Alderspach Die Guidonische Hand basiert auf dem Hexachord- System. Das Hexachord (Sechssaiter) ist eine Sechstonreihe mit festliegenden Tonabständen: 2 Ganztöne unten, 1 Halbton in der Mitte und 2 Ganztöne oben. Um die Lage der 6 Töne leichter einprägsam zu machen und damit ein System zum Blattsingen unbekannter Melodien zu entwickeln, unterlegte Guido von Arezzo dem Hexachord Tonsilben. Die Silben stammen aus einem Johannes- Hymnus aus dem 8. Jahrhundert, während Guido selbst wohl die dorische Melodie dazu erfand: es fallen dabei die ersten Silben der Halbverse ut re mi fa sol la auf die Töne c d e f g a. Der Halbton liegt immer zwischen den Silben mi und fa, denn die Silben bezeichnen relative Tonhöhen. Das Hexachord wurde auf c, auf g, und später auch auf f aufgebaut. c: hexachordum naturale g: hexachordum durum (mit h) f: hexachordum molle ( mit b)
Auf das ganze System verteilt ergaben sich 7 ineinandergreifende Hexachorde, die der Sänger im Kopf hatte. Das Denken in Hexachorden und das Singen nach Tonsilben, das sog. Solmisieren, machten es den Sänger möglich, die Lage des Halbtons zu behalten oder bei entsprechender Mutation neu zu finden.. An den Gliedern der Guidonischen Hand könnte der Sänger sich die Töne des Systems merken.
6.4. Methodik und Didaktik des Gesangsunterricht
Zum mittelalterlichem Gesangsunterricht gehörte das „ singende Lesen“ ( lectio). Der Lector musste mit seinem Vortrag seine Zuhörer fesseln. Als Grundlage dienten hier Bücher von Alkuin und Hrabanus Mairus. In diesen Büchern wurde genau auf die Stimmbildung, Atmung, Haltung des Körpers und es Kopfes etc. eingegangen. Voraussetzung für das Singen der Psalmodie, waren Kenntnisse auf dem Gebiet der Psalmenformeln und den komplizierten System der Kadenzen. Um diese Kenntnisse zu erlangen und zu vertiefen, verbrachten die Mönche täglich drei bis fünf Stunden in der Kirche - später war es sogar noch länger. Im Vordergrund stand der Gesang zum Lobe Gottes, so daß man manchmal auch in einem Dreischichtensystem ununterbrochen Tag und Nacht gesungen hat. Das Erlernen dieser Gesänge war eine unvorstellbare Anforderung bezüglich der Ausdauer und des Gedächtnisses an den Schüler. Die Meisten verbrachten ihr Leben damit, diesen Kirchengesang zu vollenden.
Die Anzahl dieser schwierigen Gesänge stieg an die 300, so dass einige nur ein mal im Jahr gesungen wurden. Die einzigen Schriften dieser Gesänge waren die Neumenschriften versehenen Bücher des Dirigenten. Etwas von 650 bis 1050, wurden diese Gesänge nach der Methode des Vor- und Nachsingens der Nachwelt überliefert.
Eine weitere Methode entstammte aus dem römischen Abt - Cantor ( 670), die etwa 730 Beda übernommen hatte. Man spricht von der „ viva- viva“- Methode, was frei übersetzt „ im Schweiß eine Gans stopfen“, heißt. Bei dieser Methode wird
1.) die Melodie dem Schüler vermittelt, d.h. ihm in den Mund gestopft
2.) wird das immer wieder wiederholt; dieser Vorgang ist so ermüdend, dass der Lehrer dabei in Schweiß gerät.
3.) Wird der Lehrgang in einer typisch mittelalterlichen Anschauung gezeigt, d.h. der heilige Geist wirkte in dem Jüngling, da er die Melodie im Gedächtnis behält.
4.) Ist er dann in der Lage, das Vorgesungene fehlerlos nach zusingen.
Anhand eines weiteren Beispiels, soll die Schwierigkeit des Auswendiglernens gezeigt werden. Seit dem 11. / 12. Jr. wurden auch dem Schlussvokal des zweiten „ Alleluias“, die sogenannten Alleluis- Secunda, ein lang ausgesponnenes „ melismata“ gesungen. Nicht selten bestand eine Tonreihe auf dem Schlussvokal aus 50 oder mehr Tönen. Eine große Anforderung im Gesangsunterricht bildete also das Einstudieren der „ melodiae longissimae“. Diese Stücke wurden überwiegend von Knaben mit hohen und reinen Stimmen gesungen. Sie glichen so den Engelstimmen.
6.5. Stimmbildung, Klangideal, Cheironomie
Es gab fünf wichtige Folgerungen zur Stimmschulung und des Stimmideals:
1.) Man besaß eine gründliche Kenntnis der Gesangstechnik
2.) Die schwierigen Melodien des Propriums wurden nicht nur als Gesang einstudiert, sondern man behandelte auch Textinhalte und Vorträge
3.) Knabenstimmen und Tenören ,und zwar denen mit einer hellen, forschen Stimme, wurde der Vorzug gegeben
4.) Man sang mit rundem, offenem Lippenstand
5.) Der Körper des Sängers war gestreckt, das Haupt erhoben und etwas nach hinten gebogen.
Cheironomie bildete ein wichtiges Hilfsmittel beim Einstudieren von Gesängen. Bei dem Gesang des chorus oder der chola. Stelle der Dirigent den Verlauf der Melodie in der Luft dar. Man nahm auch an, dass er auch besonders schwierige Trennungen und Verbindungen der Tongruppen angab.
6.6. Singen nach Noten
Wie man den letzen Schilderungen entnehmen konnte, war das Erlernen der schwierigen Gregorianischen Melodien ein „ Drama“. Erst mit der Verbreitung der Liniennotation um etwa 110, wurde Abhilfe geschafft. Die jahrelangen mündlichen Überlieferungen gehörten der Vergangenheit an. Aber auch der Musikunterricht änderte sich damit, z.B. Feinheiten des Vortrags gingen verloren und die Melodien wurden rein diatonisch gesungen. Diese Liniennotation war der Verdienst von Guidos von Arezzo. Sein Notensystem basierte auf dem System von Linien in Terzabständen, bei denen man auf und zwischen den Linien die Noten notierte. Man benutze also eine Linie für drei verschiedene Tonhöhen. Durch diese
Schulung wurde das tonbewusste Hören gefördert. So konnten Schüler Gehörtes notieren, so dass es auch von anderen problemlos abgelesen werden konnte. Das war eine große Erleichterung, für ich Mönche, die nun nicht mehr die schwierigen Gesänge auswendig singen mussten. Außerdem entlastete sich dadurch der Unterricht des Lehrers, der nun alle Gesänge nicht so häufig wiederholen musste. Dadurch verkürzte sich auch das Studium für die Schüler auf 2 Jahre.
7. Der Musikwissenschaftliche Lehrstoff, die grich. Musiklehre
Der pythagoreische Lehrsatz hatte einen großen Einfluß auf die europäische Kultur. Man sagte, durch ihn hat man die Geheimnisse der Musik aufgedeckt und ihre Zahlengesetzlichkeit entdeckt. Das Wesen der Musik war die Zahl. So entwickelte sich im Mittelalter die Zahlensymbolik. Die Musiklehre war lediglich eine Lehre der Bewegung. Nach dem man das Geheimnis der Musik aufdeckte, stieß man auch auf das Geheimnis des Kosmos, d.h. des Makrokosmos und des Mikrokosmos.
Die Zahlensymbolik war so, dass man für die Zahl 2, in Verbindung mit Begriffspaaren wie Tag und Nacht, Himmel und Erde etc. brachte. Die Zahl Drei brachte die Unvollkommenheit von Anfang, Mitte und Ende zum Ausdruck. Die Zahl Vier bezog man auch die vier Elemente Feuer, Erde, Wasser Luft oder die vier Jahreszeiten, usw. Man befasste sich mit dem Addieren und Subtrahieren und versuchte alles in Zusammenhang der Zahlensymbolik zu erfassen.
Dies versuche man auch auf dem Gebiet der Musik zu übertragen. So entstanden
Zahlenverhältnisse wie z.B. aus den Proportionen 6:8:9:12 ergab sich 6:8 = 3:4 = 9:12 und 6:9 = 2:3 = 8:12 und 6:12 = 1:2 . Einige Gelehrte gaben sich mit diesen Erkenntnissen zufrieden, andre wiederum nicht.
Allerdings waren einige Ergebnisse nicht richtig, z.B. das eine reine Terz nicht die Summe zweier gleicher Ganztöne, mit dem Zahlenverhältnis 8:9, ist. Man versuchte das Problem zu lösen, obwohl man dann auf eine vielstellige Zahl kam.
8. Tonhöhe und Tonreinheit im Mittelalter
Die Normen im Hinblick auf die Tonreinheit im Mittelalter hingen von der Hörgewohnheit der damaligen Zeit zusammen, die sich von den heutigen unterschied. Auch bediente man sich der pythagoreischen Stimmung ( mit dem Proportionen 1:2, 2:3, 3:4, 8:9 ). Bei der Wertung von Tonhöhe und Tonreinheit unterschied man zwischen der Musiklehre und der Musikpraxis, so wie auch zwischen dem vokalem- und instrumentalen Musizieren. In der Musiklehre wurde das pythagoreische Prinzip angewandt und fand heraus, dass die Quarte, Quinte und die Oktave als „ reine“ Stimmungen empfunden wurden. Das pythagoreische System wurde anfangs nur für die Messungen am Monochord und bei dem Errechnen der Tonskalen benutzt.
In der Musikpraxis wurde allmählich im Mittelalter eine höhere Anforderung an die Tonreinheit gestellt. Fortschritte in der Tonreinheit wurden bei der Monochordmessung und der Stimmung mehrsaitiger Instrumente erzielt.
In der Vokalmusik ist zwischen syllabischem Gesang, d.h. für mehrere Textsilben wurde ein Ton gesungen, und dem melismatischen ( d.h. auf eine Silbe folgten mehrere Töne) bzw. dem Gregorianischen Choral, zu unterscheiden. Die Schwierigkeit bestand darin, dass man Probleme hatte, kleine Sekundhalbschritte zwischen e-f und h-c zu treffen. Deshalb umging man diesem Problem, indem man z.B. anstatt der kleinen Sekunde eine Terz nahm. Ein wichtiger Bestandteil der Tonreinheit bildete das Monochord. Mit ihm gewann man Einblicke in die Intervall- und Konsonantenlehre, in die Oktoechoslehre und in die Verhältnisse der pythagoreischen Einteilung der Töne innerhalb einer oder zwei Oktaven. Auch wenn man die Instrumente nach der pythagoreischen Einteilung stimmte, hörten sie sich hin und wieder „ unrein „ an. Das lag daran, dass z.B. beim primitiven Gießen einer Oktavreihe von Glöckchen ( Cymbala ) ungenau war. Auch das Spielen einer Melodie auf einer Orgel war schwer. Es gab keine Tastatur im heutigen Sinn, sondern herausziehbare Schieber, welche die Luftzufuhr zu den Pfeifen freigaben. Deshalb war die Tonreihe nach unserem heutigen Geschmack „ unrein“.
Das größte Problem lag wohl in den Quart- und Quintparallelen. Zur Tonreinheit im Mittelalter lassen sich allerdings gewisse „ Regeln“ erkennen.
Man unterschied zwischen Konsonanten bzw. „ reinen“ Stimmen und Dissonanzen
( „ unreinen“ Stimmen). Bei den Konsonanten unterschied man noch zwischen den perfekten und imperfekten . Zu den perfekten Konsonanten gehörten die Prime, Quinte und die Oktave. Zu den imperfekten Konsonanten gehörten die Terz und die Sext. Die Dissonanzen bestanden aus der Sekunde, Quarte und der Septime.
Vermieden wurde der Tritonus durch Hexachorde. Im Laufe der Zeit entwickelten sich spezifische Satztechniken für die Gesanglieder. Dazu gehörten z.B. das Vermeiden von Quint- und Oktavparallelen. Ebenso sollte man, vor allem bei Mehrstimmigen Sätzen, Dissonanzen und große Sprünge vermeiden ( höchstens eine Sext ! ). Bald erkannte man, dass der zweistimmige monotone Satz langweilig wirkte. Man bediente sich der Imitation, die ein Stück interessanter machte. Regeln gab es auch hier: Man konnte mit der zweiten Stimme entweder in der Prim oder in der Quarte beginnen lassen. Auch galt das Prinzip keine Quint- und Oktavparallelen und Dissonanzen. Ausnahme der Dissonanzen bildete hier der Leitton, der überwiegend in der Syncopatio vorkam. Dieser war legitimiert, da er nur einen kurzen Notenwert besaß und auf der leichten Zählzeit, d.h. 2 oder 4, gebildet wurde. Eine Syncopatio entstand aus dem Aufbau der Dissonanz und der Auflösung in die Phrygische- , Tenor- , Sopran- . oder Diskantklausel.
9. Anhang
9.1 Literaturangabe
Waesberghe, Joseph Smits van:
Musikerziehung. Lehre und Theorie der Musik im Mittelalter. In: Besseler, Heinrich und Bachmann, Werner ( Hgg.): Musikgeschichte in Bildern.
Band III : Musik des Mittelalters und der Renaissance, Lfg.3. (VEB Deutscher Verlag für Musik) Leipzig 1985 , S. 5- 45
9.2 Begriffserklärung
- Tropen (von griechisch tropos: Wendung)
Bezeichnung für eine bildliche Ausdrucksweise.
Der Tropus ist ein neuer Text, der einem vorhandenen Melisma syllabisch unterlegt wird, es kann aber auch eine neue Melodie komponiert werden.
<zurück zum Text>
- Sequenzen (von mlat. sequentia: Folgegesang)
Die Sequenz ist ein Sonderfall des Tropus:
Sie ist halbliturgische Dichtung mit syllabischer Textvertonung, Reim und Assonanz (Assonanz: Gleichklang der betonten Vokale mehrerer Wörter. Z.B. Jahr und Tag - Halbreim) Der Jubilus bzw, die Sequenz erklang in der Messe bei der Alleluja- Wiederholung nach dem Psalmvers ( Alleluja - Psalmvers - Alleluja). Das Wiederholungsalleluja (Sequenz) wurde ausgedehnt und mir einem neuem Text unterlegt. Also sind Sequenzen musikalische Erweiterungen, die neu textiert wurden.
<zurück zum Text>
Schulszene:
Lehrer und Schüler Anfang des 13. Jh.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Inhalt der "Gliederung"?
Die "Gliederung" ist ein Inhaltsverzeichnis, das die Struktur des Dokuments aufzeigt. Es listet die Hauptthemen wie Institution, Schultypen, Altersstufen der Schulkinder, Lehrsystem, Musicus und Cantor, Methodik, Musikwissenschaftlicher Lehrstoff und Anhang auf.
Welche Schultypen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument unterscheidet zwischen allgemeinen und speziellen Schultypen. Zu den allgemeinen gehören Klosterschulen, episkopale Schulen, Parachialschulen, Stadtschulen und Universitäten. Zu den speziellen zählen Palastschulen und Schola cantorum.
Welche Altersstufen der Schulkinder werden unterschieden?
Im Mittelalter wurden verschiedene Altersstufen unterschieden: infans (Kleinkind bis 6 Jahre), puer (Kind von 6 bis 13 Jahren), puber (von 13 bis 17 Jahren), adolescens (von 17 bis 21 Jahren) und aetas perfecta (Erwachsener ab 21 Jahren).
Was waren die Ziele des Lehrsystems im Mittelalter?
Das Lehrsystem im Mittelalter hatte das Ziel, die Schüler auf ein Leben im Dienst Gottes vorzubereiten. Dies umfasste die Ausbildung in den "artes liberales" (Trivium und Quadrivium) sowie die theologische Bildung.
Was ist der Unterschied zwischen "musicus" und "cantor"?
Der "musicus" war der Dozent der Musiklehre und ein Experte auf dem Gebiet der Musikwissenschaft. Der "cantor" hingegen wurde als jemand betrachtet, der eine mechanische Arbeit verrichtete, nämlich das Singen.
Welche methodischen Ansätze wurden im Musikunterricht verwendet?
Im Musikunterricht des Mittelalters wurden verschiedene Methoden eingesetzt, darunter das Einprägen diatonischer Tonfolgen, die Verwendung von Tetrachorden und die Mutationslehre nach Guido von Arezzo. Auch die Guidonische Hand wurde als didaktisches Hilfsmittel eingesetzt.
Was waren die Einflüsse auf die Musik und den Musikunterricht im Mittelalter?
Die Entwicklung der Musik und des Musikunterrichts im Mittelalter wurde von drei Hauptfaktoren beeinflusst: die Tradition und die Übernahme antiken Lehrstoffes, das feudale Denken und die Kluft zwischen Lehrer und Schüler, und die "auctoritas ecclesiastica", die die täglichen Gesänge des Propriums als heilig und unantastbar betrachtete.
Welche Rolle spielte der gregorianische Choral?
Der gregorianische Choral wurde als der offiziell autorisierte "göttliche" Gesang festgelegt und prägte die Entwicklung der europäischen Musik über Jahrhunderte. Er verkörperte die kirchliche "auctoritas" und diente als Grundlage für die Musikausbildung.
Welche Hilfsmittel wurden im Gesangsunterricht verwendet?
Im Gesangsunterricht wurden Hilfsmittel wie die Cheironomie (Dirigiergesten) eingesetzt, um den Verlauf der Melodie darzustellen. Die Schüler lernten auch das "singende Lesen" und übten die korrekte Aussprache der Texte.
Was ist die Guidonische Hand?
Die Guidonische Hand ist ein didaktisches Hilfsmittel, das auf dem Hexachord-System basiert. Sie ermöglichte es den Schülern, die Tonhöhen und Intervalle leichter im Gedächtnis zu behalten und diente als Grundlage für das Blattsingen.
Wie wurde die Tonreinheit im Mittelalter beurteilt?
Die Normen für Tonreinheit im Mittelalter hingen von den damaligen Hörgewohnheiten ab. Die pythagoreische Stimmung wurde verwendet, und zwischen Musiklehre und Musikpraxis sowie zwischen vokalem und instrumentalem Musizieren wurde unterschieden.
Welche Literatur wird im Anhang zitiert?
Im Anhang wird das Werk von Joseph Smits van Waesberghe "Musikerziehung. Lehre und Theorie der Musik im Mittelalter" zitiert.
Was sind Tropen und Sequenzen?
Tropen sind neue Texte, die einem vorhandenen Melisma syllabisch unterlegt werden, oder eine neue Melodie. Sequenzen sind ein Sonderfall des Tropus und halbliturgische Dichtungen mit syllabischer Textvertonung, Reim und Assonanz.
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- Johanna Uminski (Author), 2001, Musiktheorie und Notation im Mittelalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/100401