Stellen Sie sich vor, Sie sind ein römischer Großbauer im ersten Jahrhundert nach Christus, und Ihr Landgut ist Ihr ganzer Stolz. Doch wie wählt man den richtigen Verwalter, denjenigen, dem man sein wertvolles Vermögen anvertrauen kann? Columellas "Über die Landwirtschaft" bietet einen faszinierenden Einblick in die Herausforderungen und Überlegungen der antiken Landwirtschaft. Dieser Auszug aus dem Werk beleuchtet aufschlussreich die kritische Bedeutung der Sklavenwahl, insbesondere bei der Besetzung von Schlüsselpositionen wie dem Verwalter. Entdecken Sie, warum ein abgehärteter Landsklave einem verwöhnten Stadtbewohner vorgezogen wird und welche Konsequenzen die falsche Wahl für den gesamten Betrieb haben kann. Columella zeichnet ein lebendiges Bild der römischen Gesellschaft, indem er die vermeintlichen Laster der Stadtsklaven – Zirkusbesuche, Würfelspiele und Bordellbesuche – den Tugenden der harten Arbeit und Disziplin auf dem Land gegenüberstellt. Tauchen Sie ein in die Welt der römischen Landwirtschaft, erfahren Sie mehr über die damalige Sklavenhaltung und die vorherrschenden sozialen Stereotypen. Lassen Sie sich von Columellas scharfen Beobachtungen und praktischen Ratschlägen in eine Zeit entführen, in der die Landwirtschaft nicht nur Broterwerb, sondern auch Spiegelbild einer ganzen Gesellschaft war. Dieser Text ist nicht nur ein historisches Dokument, sondern auch eine zeitlose Betrachtung über die Bedeutung von Verantwortung, harter Arbeit und der richtigen Wahl von Führungskräften. Erfahren Sie, wie die Römer ihre Güter verwalteten und welche Lehren wir noch heute daraus ziehen können. "De Re Rustica" ist ein Muss für alle, die sich für römische Geschichte, Landwirtschaft und die sozialen Strukturen der Antike interessieren. Entdecken Sie die Weisheit eines römischen Großbauern und gewinnen Sie neue Einblicke in eine faszinierende Epoche. Dieser Einblick in Columellas Werk bietet eine einzigartige Perspektive auf das Leben im Römischen Reich und die Bedeutung der Landwirtschaft für seine Wirtschaft und Kultur. Analysen und Kommentare bieten eine moderne Interpretation von Columellas Gedanken und zeigen ihre Relevanz für das Verständnis der antiken Welt. Erkunden Sie die Kontraste zwischen Stadt- und Landleben, die Rolle der Sklaverei und die Werte, die die römische Gesellschaft prägten.
Columella - über die Landwirtschaft
Arbeit zum Konversatorium
Columella, De Re Rustica I, 8, 1-2; Übersetzung aus: Columella, Über die Landwirtschaft, ed. K.Ahrens, Berlin 1972
Proxima est cura de servis, cui quemque officio praeponere conveniat quosque et qualibus operibus destinare; Igitur praemoneo ne vilicum ex eo genere servorum, qui corpore placuerunt, instituamus, ne ex eo quidem ordine, qui urbanas ac delicatas artes exercuerit. Socors et somniculosum genus id manicipiorum, otiis, campo, circo, theatris, aleae, popinae, lupanaribus consuetum, numquam non easdem ineptias somniat, quos cum in agri culturam transtulit, non tantum in ipso servo quantum in universa re detrimenti dominus capit. Eligendus est rusticis operibus ab infante duratus et inspectus experimentis. Si tamen is non erit, de iis praeficiatur qui servitutem laboriosam toleraverunt;
Die nächste Überlegung ist, welche Sklaven man mit der Leitung dieser oder jener Arbeit betrauen und welche man für die einen, welche für die anderen Verrichtungen bestimmen soll; und da warne ich davor, einen Verwalter aus dem Kreise solcher Sklaven einzusetzen, die mit ihrem Körper sich gefällig erwiesen haben, auch nicht einen von denen, die feinere Tätigkeiten, wie sie für die Stadt passen, ausgeübt haben. Fahrlässig und schläfrig ist dieses Kaufsklavengesindel, gewöhnt an Nichtstun und Herumspazieren, an Zirkus und Theater, an Würfelspiel und Garküche und Bordelle; auf derlei Nichtsnutzigkeiten sinnt es ständig, und wenn es die auf den Acker mitbringt, so hat der Herr den Schaden, nicht so sehr am Sklaven selbst wie an seinem gesamten Vermögen. Verwalter werden muß ein Sklave, der von Kind an durch Landarbeit abgehärtet und in der Praxis erprobt ist; wenn jedoch ein solcher nicht vorhanden ist, so sollte man einen von denen dazu anstellen, die ein mühevolles Sklavenleben ausgehalten haben;
Kurzcharakteristik, Interpretation und Kommentar:
„De Re Rustica" von Columella, ist ein Werk von 13 Büchern, in denen ausführlichst Ratschläge für die Organisation eines landwirtschaftlichen Betriebs und des Gartenbaus.
Columella lebte wahrscheinlich in der ersen Hälfte des 1. Jahrhundert n.Chr. Er stammte aus Gades in Spanien, verbrachte jedoch die meiste Zeit seines Lebens als Großbauer in Italien. Zielpublikum seines Werkes sind auch vor allem italienische Großbauern, daher ist das Werk an die herrschenden Verhältnisse in Italien angepaßt.
Einen wesentlichen Bestandteil der Landwirtschaft bildet natürlich auch die Verwendung von Sklaven. In den letzten Kapiteln des ersten Buches beschäftigt sich Columella mit der Behandlung und Verwendung von Sklaven. In dem von mir ausgewählten Ausschnitt geht es um die beste Wahl bei der Bestellung des Verwalterpostens.
Die Gegenüberstellung des idealen Verwalters mit den Stadtsklaven ist äußerst aufschlußreich und anschaulich. Man kann eine lebhafte Vorstellung vom Leben der Stadtsklaven entwickeln, wie sie in ihrer „Freizeit" den Zirkus besuchen, beim Würfelspiel zusammensitzen oder der Befriedigung ihrer Lüste nachgehen.
Es mögen Stereotype sein, aber die Tatsache, daß sich den Sklaven in der Stadt (besonders denjenigen die über ein peculium verfügten) mehr Möglichkeiten boten, am sozialen Leben teilzunehmen und ihre Zeit zu gestalten, kann nicht bestritten werden. Der Sklave am Land hingegen ist nicht nur eine unbezahlte Arbeitskraft, er ist, ohne Beschönigungen, Nutzvieh. Ob im Ergasterium oder im Landhaus, der Sklave muß an harte, manuelle Arbeit gewöhnt sein und nicht in „ urbanas ac delicatas artes"1. Wenn ein Sklave nun aus der Stadt diese Laster mitbringt, gerät durch dessen unzuverlässige Arbeit der Besitz in Gefahr, vor allem wenn er eine so wichtige Position wie die eines Verwalters einnimmt. Columellas Langzeitstrategie besteht ohnehin darin, daß sich die Sklavenpopulation durch natürliche Vermehrung erhält (Col. De Re Rustica I,8,19), also kein Grund mehr dazu besteht, Sklaven zuzukaufen. Das erklärt auch, warum Columella die Gleichsetzung von Stadtsklaven mit mancipiorum macht.
Columellas Text kann nicht nur als Zeugnis für die Beurteilung der Stadtsklaven gesehen werden, sondern dokumentiert wohl auch die Ablehnung der gesamten „lasterhaften" Stadtkultur julisch-claudischer Zeit durch die bäuerliche Mentalität, die auch Columella beherrscht.
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Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text "Columella - über die Landwirtschaft"?
Der Text ist ein Auszug aus Columellas "De Re Rustica" (Über die Landwirtschaft), Buch I, 8, 1-2. Er thematisiert die Auswahl des idealen Verwalters für einen landwirtschaftlichen Betrieb und vergleicht diesen mit Stadtsklaven.
Wer war Columella?
Columella war ein römischer Schriftsteller des 1. Jahrhunderts n.Chr. Er stammte aus Spanien, lebte aber hauptsächlich in Italien und war Großbauer. Sein Werk "De Re Rustica" ist eine umfassende Abhandlung über Landwirtschaft und Gartenbau.
Was ist "De Re Rustica"?
"De Re Rustica" ist ein Werk von Columella in 13 Büchern, das Ratschläge zur Organisation eines landwirtschaftlichen Betriebs und des Gartenbaus gibt. Es richtet sich vor allem an italienische Großbauern.
Welche Rolle spielen Sklaven in der Landwirtschaft laut Columella?
Sklaven spielen eine wesentliche Rolle in der Landwirtschaft. Columella widmet den letzten Kapiteln des ersten Buches die Behandlung und Verwendung von Sklaven. Der Textauszug behandelt insbesondere die Auswahl des geeigneten Sklaven für die Position des Verwalters.
Wie beschreibt Columella den idealen Verwalter?
Der ideale Verwalter sollte von Kindheit an durch Landarbeit abgehärtet und in der Praxis erprobt sein. Wenn dies nicht möglich ist, sollte ein Sklave gewählt werden, der ein mühevolles Sklavenleben ertragen hat.
Wie werden Stadtsklaven in dem Text dargestellt?
Stadtsklaven werden als fahrlässig, schläfrig und gewöhnt an Nichtstun, Zirkus, Theater, Würfelspiele, Garküchen und Bordelle dargestellt. Columella sieht sie als ungeeignet für die harte Arbeit auf dem Land.
Welche Kritik übt Columella an den Stadtsklaven?
Columella kritisiert die Stadtsklaven für ihre Gewohnheiten und Laster, die sie aus dem städtischen Leben mitbringen. Er sieht sie als unzuverlässig und als Gefahr für den Besitz des Landwirts, besonders wenn sie eine wichtige Position wie die des Verwalters einnehmen.
Welche Bedeutung hat die natürliche Vermehrung der Sklavenpopulation?
Columella befürwortet die natürliche Vermehrung der Sklavenpopulation, um den Bedarf an neuen Sklaven zu decken und den Zukauf von Sklaven zu reduzieren. Dies erklärt auch, warum Columella Stadtsklaven mit mancipiorum (Kaufsklaven) gleichsetzt.
Was sagt der Text über die Beziehung zwischen Stadt- und Landkultur aus?
Der Text dokumentiert eine Ablehnung der "lasterhaften" Stadtkultur durch die bäuerliche Mentalität, die Columella verkörpert. Die Stadtkultur wird als verweichlicht und unproduktiv wahrgenommen, im Gegensatz zur harten Arbeit und Disziplin auf dem Land.
- Quote paper
- Werner Stangl (Author), 2000, Quelleninterpretation zu Columella: Über die Landwirtschaft I, 8, 1-2, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/100197